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Archiv ‘2011’ Kategorie

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Bukumatula 1/2011

20 Variationen über den Vater, Wilhelm Reich

Interview mit Peter Bolen anlässlich des Erscheinens seines Buches
„Quanten und die Kunst der Heilung“
Beatrix Teichmann-Wirth:

Beatrix: Lieber Peter, ich habe ja an einem Deiner `Erlebnisabende´ zur „Quantenheilung“ teilgenommen und mich sehr gefreut, Dich zu sehen – und war auch sehr beeindruckt von der Selbstverständlichkeit, mit welcher Du die Demonstrationsbehandlungen durchgeführt hast.

Auch wenn ich Dich als sehr wandlungsreichen und entwicklungsbereiten Mann kennen und schätzen gelernt habe, hat es mich dennoch etwas erstaunt, dass Dein Weg Dich von der reinen Naturwissenschaft – Psychiatrie – über die Gestalttherapie, den Reich´schen Therapieansatz hin zur Quantenheilung geführt hat, was ja dem Gebiet der Esoterik zugerechnet wird. Wie kam es dazu?

Peter: In den letzten zehn Jahren habe ich mit der 2-Punkt Methode experimentiert, die ihren Ursprung in Hawaii hat und dort Lomi Lomi genannt wird. Meine ersten Erfahrungen damit habe ich anfangs der 70er Jahre in Kalifornien an der Lomi School in San Francisco bei Mike Smith gemacht. Durch das theoretische und praktische Studium der Arbeiten zweier amerikanischer Chiropraktiker, die unabhängig voneinander die Methode neu entdeckt haben und sie mit der Quantenphysik in Verbindung gebracht haben, bin ich darauf gekommen, dass wir sehr ähnlich arbeiten.

Der erste Punkt bei meiner von mir entwickelten `Gelenksarbeit´ war immer ein Gelenk, der zweite neutral am Körper. Ich habe auch mit anderen zwei Punkten experimentiert. Das Analogiemodell der Quantenphysik hat mich sehr interessiert, und ich habe meine Methode dadurch modifiziert. Insofern, als ich eine neues Erklärungsmodell der Heilung anbiete und weiters nicht mehr im Liegen arbeite. Das `Umfallen´ bei der Behandlung, welches in den meisten Fällen geschieht, ist für den Klienten eindrucksvoll und unterstützt den Heilungseffekt.

B: Wo hast Du die `Quantenheilung´ gelernt, bei Kinslow oder Bartlett?

P: Bei Mike Smith. Der Besuch von Matrix- und Quantenseminaren war nur eine Wiederholung, beziehungsweise eine Bestätigung meiner bereits erworbenen Erfahrungen.

B: Was ist nun die Verbindung zur Quantenphysik?

P: Zunächst die Erkenntnis, dass wir nicht nur aus fester Materie bestehen, sondern auch aus einem elektromagnetischen Feld, in dem Energie fließt. Auf diesen Energiefluss können wir Einfluss nehmen, indem wir uns einerseits mit dem elektromagnetischen Feld des Klienten, und andererseits mit dem uns allen umgebenden elektromagnetischen Feld verbinden, welches Steven Hawkins die „Matrix“ nennt. Es entsteht ein Impuls, der die Selbstregulation des Organismus anstößt und so den blockierten Energiefluss, der Krankheit verursacht, wieder in Gang bringt. Die Energie der Matrix nannte Reich `Orgon´.

Weiter zu den Begriffen der `Superposition´ oder `Nichtlokalität´: Möglichkeiten der Heilung sind potentiell im Feld vorhanden und werden durch geschärfte Wahrnehmung – Intention – zu einer realen Wirklichkeit. Dies wird analog zur Quantenphysik das `Kollabieren der Welle´ genannt.

Wichtig ist aber – im Gegensatz zur Schulmedizin, die noch auf der Newtonschen Physik beruht und zu den meisten Psychotherapieformen, dass sehr oft Heilungen ganz unmittelbar geschehen. Augenblicklich, und nicht durch langsame Veränderung. Hinweise dazu finden sich in meinem Buch „Quanten und die Kunst der Heilung“ in Beispielen wie des `Quantensprunges´ in der Physik, in der Erkenntnis der `funktionalen Identität scheinbarer Gegensätze´ bei Wilhelm Reich, dem zur `Erleuchtung´ im Zen-Buddhismus, der Gestalttheorie und in der Theorie des dialektischen Materialismus, etc.

Überall dort werden geschehene Veränderungen als `sprunghaft´ beschrieben. Ganz im Gegensatz zur überkommenen Vorstellung von „natura non saltat“. Weitere Verbindungen können in meinem Buch nachgelesen werden, sie würden durch ihre Fülle den Rahmen dieses Interviews sprengen.

B: Ist das Wissen über Quantenphysik, Epigenetik, usw. wichtig, um die Quantenheilung zu erlernen bzw. zu praktizieren?

P: Für mich als ausgebildeten Naturwissenschaftler ist es sehr hilfreich. Es ist wie ein Wanderstab, der mir beim Überschreiten von Grenzen in eine andere Wirklichkeit hilft.

B: In Deinem Buch stellst Du immer wieder Verbindungen zu Wilhelm Reich und seinem Ansatz her; inwiefern siehst Du da welche?

P: Abgesehen von dem vorher erwähnten Hinweis auf die `funktionale Identität scheinbarer Gegensätze´, ist es der Begriff der `Selbstregulation´, die Wilhelm Reich `Selbstorganisation´ nannte. Fritz Perls meinte mit seinem Begriff des `homöostatischen Gleichgewichts´ dasselbe.- Das ist der Schlüssel für das Verständnis aller Heilungsvorgänge. Reich konnte diesen Begriff psychoanalytisch, orgonomisch und politisch beschreiben. Es blieb ihm verwehrt, ihn mathematisch darstellen zu können. 1992 erhielt der Belgier Ilya Prigogine für die mathematische Darstellung der `Selbstorganisation´ den Nobelpreis für Chemie.

Reich postulierte, dass Orgonenergie überall vorhanden ist. Durch Richard Feynman wissen wir seit Mitte des letzten Jahrhunderts, dass es überall im Universum durch das Phänomen der Polarisation und Fluktuation messbare Energie gibt, auch wenn dort keine Atome existieren. Durch diese Fluktuation ist es möglich, dass sich Energie von selbst auf einem höheren Niveau neu organisiert. Darauf hat Reich hingewiesen, als er über den `umkehrbaren Effekt der Entropie´ sprach.

B: Wie funktioniert die Quantenheilung, was sind ihre Prinzipien?

P: Ich berühre den Patienten einerseits an einem Punkt an seinem Körper, andererseits an einem Punkt in seiner Aura. Mit meiner Intention verbinde ich mich mit der Matrix. Es entsteht ein Impuls, der die Selbstheilungskräfte des Patienten anstößt. In der Regel fällt er um. Nach dem Aufstehen geschieht es nicht selten, dass die vorher bestandenen Symptome verschwunden sind.

B: In Deinem Buch greifst Du zwei Punkte als wesentlich heraus: Das Vertrauen bzw. den Glauben an die Heilung und die Ausrichtung des Behandlers auf das – wie es im Zen-Buddhismus heißt – „reine Bewusstsein“.

P: Der Glaube ist in der Wissenschaft unter dem Begriff `Hypothese´ bekannt. Ein Experiment bestätigt oder falsifiziert die Annahme. Wenn sich die Hypothese bestätigt, brauche ich nicht mehr zu glauben, dann „weiß“ ich. Der Glaube ist also ein Weg zum `Wissen´. Durch meinen Glauben wird die Wahrscheinlichkeit größer, dass es zum Wellenkollaps einer Möglichkeit in diese Realität kommt. Die Ausrichtung eines Therapeuten auf `Awareness´, auf bewusste Wahrnehmung, oder `Achtsamkeit´, wie es im Buddhismus heißt, ist oft Teil seiner Ausbildung und seines spirituellen Weges.

B: Wie ist das Vertrauen, der „Glaube als Weg zum Wissen“, wie Du im Buch schreibst, im Menschen zu fördern? Da in uns westlichen Menschen ein großes Misstrauen wohnt, ist dieses Vertrauen ja oftmals wahrscheinlich nicht von vornherein gegeben.

P: Das ist das Experiment, zu dem ich einlade und welches `Glauben´ bestätigen kann. Der persönliche Erfahrungshintergrund mit subjektivem Wissen ist der Schatz, aus dem heraus der Therapeut heilt.

B: Meiner Erfahrung nach ist der Zustand des `reinen Bewusstseins´ erst nach jahrelanger Meditation möglich. Welche Praxis hast Du da zur Reinigung der Wahrnehmung und welche empfiehlst Du für Behandler?

P: Es gibt so viele Wege der Meditation und des Gebetes, wie es Menschen auf diesem Planeten gibt. Ich ermuntere die Suchenden in meinem Buch zum individuellen Experiment. Der richtige Weg ist immer der des Herzens. Leider sind persönliche Erfahrungen nicht übertragbar. Jeder muss sich aufmachen und seinen eigenen Weg finden. Auf die Frage „Was ist unser Weg?“, antwortete Che Guevara einmal: „Der Weg ist der, den wir gehen und durch unsere augenblickliche Erfahrung wahrnehmen“.

B: Was die Therapie anbelangt: Du schreibst, dass es zu Übertragungsphänomenen kommen kann. Wie wird damit umgegangen, vor allem wenn keine therapeutische Ausbildung vorhanden ist?

P: Das Wissen über diese Grundphänomene muss man sich als professioneller Behandler aneignen.

B: Du schreibst weiters, dass es notwendig ist, dass man als Behandler über die Körperresonanz spürt, an welchen Punkten man berührt, bzw. welche Themen zu bearbeiten sind.- Reich nennt dies ja `vegetative Identifikation´ und meint, dass eine derartige Fähigkeit zum Mitschwingen, bzw. zu einer derartigen Durchlässigkeit und Empfänglichkeit, erst auf der Basis eines entpanzerten Organismus möglich ist.

Meiner Erfahrung nach braucht das eine längere Körperarbeit, in Folge welcher die chronischen Blockaden im Therapeuten gelöst werden, sodass er sich sicher sein kann, dass er wirklich auf den Patienten `antwortet´ und nicht projektiv ist. Deshalb meine Frage: Findest Du, dass es da eine spezifische Ausbildung braucht, um mit diesen Phänomenen umgehen zu können, oder kann jeder Quantenheilung praktizieren, auch ohne psychotherapeutische Vorbildung?

P: Die Fähigkeit zur vegetativen Identifikation oder zur somatischen Resonanz, wie sie auch genannt wird, ist durch Übung der Wahrnehmung eigener Prozesse erlernbar. Wenig gepanzerte Menschen haben leichtere Zugänge. Falls durch die Anwendung der Quantenheilung persönliche Themen nicht aufgelöst werden, sondern sich einer therapeutischen Bearbeitung öffnen, empfehle ich Anwendern ohne spezifische Ausbildung eine Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten.

B: Wenn es nicht um die Behandlung von einzelnen akuten, auch körperlichen Symptomen geht, sondern z.B. um jahrelang bestehende depressive Verstimmungen, bzw. eine chronische körperliche Erkrankung: Braucht es dann nicht eine längerfristige Begleitung auch für ein Leben ohne das Symptom? Viele Menschen haben dem Symptom in ihrem Leben ja schon einen würdigen Platz eingerichtet, und auch das soziale Umfeld hat sich daran angepasst.

P: Meiner Erfahrung nach hat sich diese Annahme nicht bestätigt. Es ist nicht so, dass ein seit langem bestehendes Symptom eine lange Behandlung erfordert, um es aufzulösen. Das ist eher ein behindernder Glaubensansatz. Die so genannten `Spontanheilungen´ sind eine meiner aufregendsten Erfahrungen mit der Quantenheilung. Es ist interessant, dass Freud in seinen Anfängen ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Ich denke daran zurück, dass ich noch vor zehn Jahren auf die Frage eines Patienten nach der Dauer der Therapie geantwortet hätte: „Statistisch gesehen mindestens zwei Jahre“. Und die Therapie hat dann auch meist zwei Jahre gedauert. Wir sollten immer darauf vorbereitet sein, dass sich Symptome sprunghaft, eben wie ein Quantensprung, augenblicklich auflösen können.

B: Ich habe an Deinem `Erlebnisabend´ wahrgenommen, dass es nach dem `Kollabieren der Welle´ zu heftigen körperlich-energetischen Reaktionen gekommen ist, wie wir sie aus der Reich´schen Körperarbeit kennen. Braucht es da nicht eine tiefe, vertrauensvolle Verankerung im Organismus des Behandlers, um diese Reaktionen angstfrei begleiten zu können?

P: Ja.

B: Ganz konkret: Wie sieht eine Sitzung aus, und wie viele Sitzungen braucht es in der Regel?

P: Die goldene Regel lautet: Es gibt keine Regel.- Wie eine Sitzung aussieht, habe ich weiter oben beschrieben. Quantenheilung kann eine oder einige wenige Sitzungen beanspruchen; manchmal öffnet die Behandlung Themen, die erst anschließend psychotherapeutisch bearbeitbar sind. Dies kann ein längerer Prozess sein.

B: Du hast in Deinem Buch einige wirklich erstaunliche Behandlungs- erfolge angeführt; z.B. bei einer krebserkrankten Frau und auch bei einer chronischen Depression. Wie hoch ist die Erfolgsrate im Schnitt?

P: Die letzten zwei Jahre, in denen ich meine Behandlung `Quantenheilung´ nenne und im Stehen arbeite, sind zu kurz, um eine Statistik erstellen zu können. Diese wird wohl in einer Privatpraxis durch die geringe Fallzahl auch nicht erstellbar sein. Ich bin jedenfalls von der Wirksamkeit und der oft plötzlichen Besserung sehr beeindruckt.

B: Eine provokante Frage: Wenn es ohnedies dieses Instrument gibt, dass ja so einfach und schnell wirksam ist: Warum dann überhaupt noch die doch eher langfristigen Psychotherapien?

P: Systeme die etabliert sind, haben eine Tendenz sich selbst zu erhalten. Politische und gesellschaftliche Anerkennung geben Macht. Diese gibt niemand freiwillig ab.

Ich sehe die Schulmedizin und die Psychotherapie nicht als Konkurrenz, sondern als eine sinnvolle Möglichkeit zur Zusammenarbeit. In einigen Fällen wird es die eine Methode sein, die indiziert ist – zum Beispiel die Chirurgie bei akuten Verletzungen -, in anderen Fällen, zum Beispiel bei chronischen Erkrankungen, wird es vielleicht die Alternativmedizin, die Homöopathie, die Quantenheilung oder die spirituelle Heilung sein, die sich als sinnvolle Alternative anbietet und zum Erfolg führen kann.

Bei posttraumatischen Belastungsstörungen würde ich zunächst eine qualifizierte psychotherapeutische Behandlung empfehlen – und dabei immer daran denken, dass wir nur durch die Körperpsychotherapie an gespeicherte Erinnerungen vor dem dritten Lebensjahr herankommen können, da ja hier noch keine Sprache besteht.

B: Noch eine vielleicht provokante, zusätzliche Frage: Ist Quantenheilung überhaupt erlernbar? Wenn ja, welche Voraussetzungen sind förderlich?

P: Grundsätzlich ist `Quantenheilung´ für jeden erlernbar. Ich denke da an die Nützlichkeit der Selbstbehandlung. Für Anwender, die diese Form der Heilung professionell ausüben wollen, empfehle ich eine fundierte Ausbildung, die sowohl medizinisches als auch psychotherapeutisches Wissen mit einschließt.

B: Ich danke Dir für das Gespräch und für alle Erfahrungen, die ich mit Dir teilen durfte.

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Hinweis auf die Buchneuerscheinung:
Peter Bolen, Quanten und die Kunst der Heilung;
Broschüre, 104 Seiten.
Verlag des Biographiezentrums,
D-86925 Fuchstal, Welden 18; 2011 (ISBN 978-3-940210-54-8).
€ 15,90.

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    Bukumatula 1/2011

    Leiwand Empire

    Theaterkritik und Interview mit Angela Richter
    von
    Robert Federhofer:

    Im Aufführungsraum Garage X am Petersplatz 1 in Wien inszenierte Angela Richter ihre Produktion „Leiwand Empire“. Premiere war am 27. April 2011. Wilhelm Reich wird als Ideen- und Stichwortgeber ausdrücklich erwähnt; daher habe ich mir die Produktion angesehen.

    Was gesagt wurde:

    Angela Richter inszeniert eine Textcollage.

    Zwei weibliche und zwei männliche Schauspieler laufen auf die Bühne und sprechen. Ein Zitat von Reich wird eingespielt. Im Hintergrund dekoriert ein Orgon-Akkumulator die Bühne. Eine Handlung wird nur soweit angedeutet, als es zur Aneinanderreihung von Stichwörtern unumgänglich erscheint.

    Die Texte stammen von Interviews über und Wortmeldungen zu Themen, die in freier Assoziation mit Wilhelm Reich zu tun haben können: Sexualität, Orgonenergie, Atomkraft, Mühl-Kommune. Im Programmheft werden noch `Lichtesser´ erwähnt. Werden wohl auch bei den Wortspendern dabei gewesen sein, sind mir aber nicht aufgefallen.

    Da mir einige der Interviewten und der Text von Reich, der verwendet wurde, bekannt sind, nehme ich an, dass das andere Textmaterial von Personen, die ich nicht kenne, ebenso unverändert dargestellt wurde. Die Schauspieler begleiten die Texte körperlich mit einer Choreographie aneinander gereihter gestischer Manierismen. Ich nehme an, dass diese ebenso von den Textgebern übernommen wurden.

    Da ich insgeheim eher erwartet hatte, dass „wieder einmal jemand sich seinen Reich zurechtbiegt“, war diese Aneinanderreihung verschiedener Ausdrucksfacetten als reine Strukturübung eine positive Überraschung. Die Schauspieler sahen auch so drein, als hätten sie Spaß.

    Einen wesentlichen Teil meines Vergnügens – neben dem Betrachten der Sprecher, gewann ich allerdings aus der Tatsache, dass ich die Wortwahl einiger der Interviewten aus eigener Erfahrung her kenne – ein `Insider- Witz´ sozusagen.

    Ob jemand ohne diese Facette an Detailkenntnis und ohne Reich zu kennen, etwas aus dieser Textcollage herauslesen kann, bezweifle ich. Daher glaube ich nicht, dass die Produktion einen Wiederholungswert entwickeln wird. Immerhin ist die Form jederzeit vervielfältigbar: Mit anderen Themen, anderen Texten, anderen Manierismen.

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    „Das Theater ist wesentlich weniger frei als die Kunstwelt“

    Gespräch mit der in Berlin lebenden Theaterregisseurin Angela Richter, deren Produktion „Leiwand Empire“ im April dieses Jahres in Wien uraufgeführt wurde.

    Robert: Was ist die Motivation Ihrer künstlerischen Tätigkeit?

    Angela: Darauf könnte ich sehr umfassend antworten, aber das würde den Rahmen des Interviews sprengen. Ich kann die Frage allerdings sehr kurz und doch präzise mit einem bekannten Reich-Zitat beantworten: `Liebe, Arbeit und Wissen sind die Quellen unseres Lebens. Sie sollten es auch beherrschen´.

    R: Gibt es Eigenschaften an einer Produktion, die Sie anstreben?

    A: Mir ist es wichtig, dass ein Theaterstück lebendig wird, dass sich eine emotionale und physische Energie von den Schauspielern auf den Zuschauer überträgt. Ein bloßes Illustrieren von Text ist mir im Theater zu wenig. Das empfinde ich als altertümlich, als einen geistigen Friedhof.

    R: Wie haben Sie zu der Themen- und Textkollage in `Leiwand Empire´ gefunden? Gab es einen Arbeitsansatz?

    A: „Leiwand Empire“ besteht auf der Textebene aus Interviews, die wir mit unterschiedlichen Menschen geführt haben und die wir für das Stück fiktionalisiert und bearbeitet haben; darunter sind zum Beispiel Spezialisten sowohl aus dem Bereich der Atom- als auch der Orgonenergie und Leute, die als Kinder in der Mühl-Kommune waren. Die eigentliche Kontaktaufnahme zum Publikum geht aber von den körperlichen Bewegungen der Schauspieler aus, die auch Zitate der natürlichen Bewegungsabläufe der Interviewten sind, die die Schauspieler, losgelöst vom Text über Videoaufnahmen studiert und trainiert haben.

    So ergibt sich auf der Bühne etwas, das ich am ehesten als eine `Sichtbarmachung´ einer Mischung aus Charakterpanzer und Menuett bezeichnen würde. Der Effekt auf das Publikum ist ein ansteckender und wirkt als Katalysator für das auf der Bühne Gesprochene – eine sich selbst psychologisierende Choreographie der Emotion.

    R: Welche Teile der Originalpublikationen Wilhelm Reichs kennen Sie selbst, und wie sind Sie damit in Kontakt gekommen?

    A: Ich habe vor etwa acht Jahren den Film „WR-Mysteries of the Organism“ von Dusan Makavejev gesehen und darin ist auch dokumentarisches Material über Wilhelm Reich und Orgonon zu sehen. Ich war fasziniert von der Idee der „Orgonenenergie“ und habe mir danach alles an Büchern von Wilhelm Reich besorgt, was ich bekommen konnte. Als erstes las ich den `Christusmord´, dann `Kosmische Überlagerung´ und die Erstausgabe von `Massenpsychologie des Faschismus´. Überrascht hat mich während meiner Beschäftigung mit dem Thema auch die ziemlich ablehnende und vorverurteilende Haltung vieler Intellektueller, mit denen ich mich darüber unterhalten habe, speziell unter den Naturwissenschaftlern.

    Ich war erstaunt über die komplette Abwesenheit von Offenheit und Neugierde. Das hat aber mein eigenes Interesse eher geschürt, auch die Sympathie für den „underdog“. Während der Arbeit an „Leiwand Empire“ kam dann noch mehr interessante Lektüre dazu, zum Beispiel die Reich-Biographie von Myron Sharaf. Und dank der Hinweise von Heiko Lassek und dem Regisseur Antonin Svoboda, habe ich auch mir bislang nicht bekannte Bücher wie `Reich Speaks of Freud´ und die Reich-Biographie von Ola Raknes, gelesen. Es gab in den letzten Jahren immer wieder Anläufe, ein Stück zu diesem Thema zu machen, was nun endlich in Wien geklappt hat.

    R: Welche Eigenschaften wünschen Sie sich bei Ihren Rezipienten, Ihrem Publikum?

    A: Offenheit und die Bereitschaft sich auf das Bühnengeschehen einzulassen. Darüber hinaus eine aktive und durchaus kritische Neugierde beim Zuschauen und keine nur konsumistische Grundhaltung. Das ist das Ideal.

    R: Welchen Wert und Sinn messen Sie Ihrer Arbeit im Speziellen zu, und wo ordnen Sie sich im Bereich des Kunstbetriebs ein?

    A: Schwierig, den ersten Teil der Frage zu beantworten, da ich mich im `Inneren´ meiner Arbeit befinde. Das überlasse ich gerne den Rezipienten.- Ich ordne meine Arbeit irgendwo zwischen den Disziplinen Kunst und Theater ein, was am normalen Theaterbetrieb nicht ganz so einfach durchzusetzen ist, da gibt es viele Tabus. Das Theater ist wesentlich weniger frei als die Kunstwelt.

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  • Buk 1/11 Bione und andere Verwandte

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    Bukumatula 1/2011

    Bione und andere Verwandte

    von
    Robert Federhofer:

    Auf Wilhelm Reichs weitem – und durch die politischen Ereignisse erzwungenen weiten Weg von Wien ins ferne Rangeley, berührte seine Forschung einige Disziplinen. Er stellte seine Fragen, wie das gesunde Leben funktioniert und wie es krank funktioniert und suchte seine Hypothesen praktisch zu belegen. In unserer heutigen wissenschaftlichen Praxis ist Zersplitterung in Unterdisziplinen inzwischen selbstverständlich und soweit vorangetrieben, dass der Methodenwechsel, den Reich als neugieriger Forscher seinerzeit praktizierte, heute als erste Reaktion leicht Befremden und Zweifel auslöst.

    Gerade die „Bionversuche“ werden in der Werkswahrnehmung eher übergangen und in Unverständnis ignoriert, oder ohne nähere Betrachtung als „nicht vorstellbar“, oder irgendwie „nicht richtig“ empfunden, wo rationales Durchdenken zu fordern ist. Zusätzlich mag auch die heute, über die seit Reichs Tätigkeitszeit zusätzlich entwickelten Medien verbreitete Informationsmasse, dazu geführt haben, dass Neuinformationen vom einzelnen Konsumenten rascher in Kategorien eingeteilt und auch rascher verworfen werden, um der Informationswoge Herr zu werden.

    Reichs Arbeit mit dessen intellektueller Bereitschaft zu folgern und die Annahmen dann tatsächlich zu überprüfen, wird dann leicht und gerne als nicht relevant verworfen, mit dem Scheinargument, er habe es nicht geschafft, sich in der Wissenschaft Gehör zu verschaffen und anerkannt zu werden. Letztlich wird so mit einer Berufung auf Wissenschaft als Dogma argumentiert. Solch eine bequeme und unkritische Geisteshaltung nimmt von vornherein an, dass ohnehin alles Wesentliche richtig erkannt ist und wissenschaftliche Entwicklung immer in eine richtige Richtung läuft.- Für wissenschaftliches Vorgehen kann das aber grundsätzlich nicht gelten, da ja immer die bessere Annäherung an die Wahrheit die minder gute ersetzen solle.

    In unserer gemeinsamen gesellschaftlichen Wirklichkeit dürfte „Die Wissenschaft“ aber nicht oft genug funktioniert haben. Vielleicht ist ja die Wissenschaftsidee der ständigen Selbsterneuerung ein Ideal, das nicht weiter aufrechtzuerhalten ist. Jedenfalls ist Reich bei genauem Hinsehen nicht der einzige Forscher, der im Rückblick der Jahrzehnte in der Wissenschaftsgemeinde mit seinen Aussagen nicht angenommen, sondern ignoriert bzw. durchaus aktiv auch verleumdet wurde. Zwei Herren möchte ich hier als Beispiele neben Reich vor den Vorhang bitten, deren Arbeiten im Bereich von Lebendzell- und Blutzellbeobachtungen mir den Vergleich zu Reichs Bionexperimenten und seiner Blutdiagnostik nahe legen.

    Dr. Alfons Weber:

    Etwas später geboren als Reich, nämlich am 22. Februar 1915 (Provinz Posen), entwickelte Dr. Alfons Weber seine Forschung über Mikroparasiten in Blut und Blutzellen nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs in Bayern. Diese Privatforschung eines Praktischen Arztes neben seiner Ordinationstätigkeit erfuhr – ich bin versucht zu sagen: „Wie zu erwarten war!“ – heftigen Gegenwind des beruflichen Establishments bereits kurz nach den ersten Veröffentlichungen Webers in Broschürenform.

    In einem Disziplinarverfahren der zuständigen Ärztekammer wurde ihm Schädigung von Patienten mit Tumordiagnosen durch Behandlung mit Resochin (ein Medikament zur Behandlung bei Blutparasitenbefall, relativ bekannt bei Fernreisenden durch seine Verwendung zur Verhinderung eines Malariaausbruchs) vorgeworfen. Weber konnte seine Rehabilitation nach zwei Jahren gerichtlichen Ringens schließlich wieder erreichen. Die Fortführung seiner Forschung ermöglichten ihm Gelder aus einer Erbschaft aus dem Jahr 1965. Und 1968 gelang ihm die Lebenddarstellung von Mikroparasiten im Blut und im Tumorgewebe bei Patienten mit diagnostizierter Krebserkrankung.

    Im Laufe seiner mikroskopischen Forschungen entwickelte er die Vorstellung eines Malaria-ähnlichen Entwicklungszyklus von einer biologisch nahe verwandten Gruppe von human- und tierpathogenen Mikroparasiten, die er als „Ca-Protozoen“ bezeichnete („Ca“ für Carzinom). Diese Protozoen sollen von blutsuchenden Insekten-Zwischenwirten durch Stich auf die warmblütigen Wirte übertragen werden und sich dann im Blut nach geschlechtlicher Vermehrung (Konjugation einer Donator mit einer Receptoramöbe mit Verschiebung von genetischem Material mittels einer Plasmabrücke), Furchungsteilung und Entwicklung zu einem Schwarm kleiner flagellatischer „Oozoiten“ in vor allem roten Blutzellen, zu einem kleineren Teil auch in Blutplättchen (Thrombozyten), einnisten.

    Die Ca-Protozoen haben also amöboide Beweglichkeit und ein Haftorgan zum Festsetzen an roten Blutzellen, welches zum Auflösen der Zellwand mittels Enzymen und zur Aufnahme von Nahrungspartikeln dient. Ähnlich dieses ‚Zellmundes‘ zur Aufnahme, soll eine andere Stelle als ‚Zellafter‘ zur Ausscheidung dienen. Grundsätzlich ist diese amöboide Form aber imstande an jeder Oberflächenstelle mittels Pseudopodien Nahrungspartikel zu inkorporieren und aufzulösen. Zur mikroskopischen Lebendbeobachtung verwendete Weber Nährlösungen, die möglichst dem lebenden Umfeld im Blut des Wirtstieres entsprachen (Blutersatzlösungen bei 37°C).

    Sie zu kultivieren gelang ihm nicht. Weber nahm an, dass diese Mikrolebewesen zu spezifisch auf die Wirtszellen als Nahrungsbasis eingestellt waren; sie über Tage im Blut oder analogen Lösungen stabil zu erhalten und zu beobachten, war aber möglich. Bei Veränderung der Nährlösung mit Zunahme des osmotischen Druckes, verwandelten sich die amöboiden Formen in kleinere, unbewegliche Zystenformen mit ungekörnt erscheinendem Zellplasma und gut sichtbarer, kontrastreicher Kontur. Weber: „Eine Unterscheidung von anderen permanent unbeweglichen, konstant runden Protozoenformen ist nicht sicher möglich, das `Ca-Protozoon´ daher nur in der amöboiden Form im Lebendnachweis zu bestimmen.“

    Die rundlichen „Eiformen“ zeigten keinen eigenen erkennbaren Stoffwechsel, waren unterschiedlich groß, zum Teil auch im submikroskopischen Bereich. Weber vermutete, dass tierische pathogene Viren diesen Eiformen pathogener Protozoen entsprechen. Aufgrund ihrer Kleinheit sind diese Partikel nicht abzufiltern; es kommt also zwangsläufig auch eine Zufuhr nicht nur über die Insekten-Zwischenwirte (Stechmücken, Bremsen, etc.) in Frage, sondern auch iatrogen bei Transfusionen belasteter Blutkonserven.

    Webers Beschreibungen der Konjugatzellen im Lebendpräparat, deren Entwicklung über maulbeerartige Formen von ungeordneten Bläschenhaufen, nachfolgender Strukturierung des Gebildes mit regelmäßiger Anordnung der Bläschen und schließlich dem Ablösen und Ausschwärmen, sind aspekt- und größenordnungsmäßig den Beschreibungen von `Bion-Entstehungen´ und `Bionfunden´ im Blut von Tumorpatienten in Reichs Arbeiten sehr ähnlich. Weber konnte anhand von patho-histologischen Präparaten von Blutgefässen ausgehendes Eintreten der Protozoen in umliegendes Gewebe und die damit einhergehenden lokalen Störungen und Reaktionen, sowie deren Nachweis im Tumorgewebe dokumentieren.

    Prof. Wilhelm von Brehmer:

    Mehr ein Zeitgenosse Reichs war Prof. Wilhelm von Brehmer, der am 24. Jänner 1883 in Minden/Westfalen geboren wurde und am 22. Oktober 1958 in Kassel gestorben ist.

    Er war Pharmazeut mit weiterführenden Studien in Biologie, Physik, Chemie und Bakteriologie. Ab 1909 war er Assistent an der Biologischen Reichsanstalt in Berlin unter dessen damaligem Leiter Dr. Engler. Später leitete er zwei wissenschaftlich-experimentelle Laboratorien und ab 1923 die pathologisch-anatomisch-mikrochemischen Laboratorien zur Erforschung von Viruskrankheiten bei Tieren.

    Publikationen über Mikroben und ihre Entwicklungsformen bei Tieren und Menschen und ihre wahrscheinlich kausale Rolle bei der Tumorentstehung folgten in den Jahren 1931 und 1932. Er stellte an das Preußische Innenministerium einen Antrag auf „amtliche Überprüfung“.

    Zitiert aus der Zeitschrift „raum & zeit“ Nr. 85/1997:

    „Zunächst wurde von Brehmer aufgefordert, seine im Dunkelfeld beschriebenen Form-Variationen auch im Hellfeld darzustellen. Auch die Anzüchtung der Mikrobe bereitete den Bakteriologen Schwierigkeiten, die nach der Regel auf einen pH-Wert von 7 eingestellt waren, während Brehmer den Wert von 7,8 forderte.- Eine weitere Hürde, die überwunden werden musste, war die Pleomorphie (Vielgestaltigkeit) der Mikrobe in ihrer Abhängigkeit vom pH-Wert und dem jeweiligen Entwicklungsstand vom viralen Stadium bis zur Stäbchenform.

    Übertrug man die Stäbchenform aus dem alkalischen Nährboden auf einen sauren Kulturboden, so kam es bald zu einem Zerfall der Stäbchen in virale Form; aber nach einem Filtrat war es wieder möglich, eine Reinkultur von Stäbchen zu erhalten. Disposition zur Krankheit und ihr Grad hängen von der Wasserstoffionenkonzentration des Blutes und Gewebssaftes ab, ebenso die Virulenz des Erregers – nach Brehmer ist das Verhältnis H- zu OH-Ionen direkt proportional zur Schwere der Erkrankung. Der kritische Wert für eine Krebsentstehung wird mit Blutalkalose von 7,5-7,6 angegeben.“

    Brehmer passte zwar von seiner Herkunft damals nicht primär in das irrationale Verfolgungsbild der Nationalsozialisten – er hatte sich 1931 in einem Artikel in einer süddeutschen Zeitung eindeutig gegen Hitler ausgedrückt – lehnte es aber nach deren Machtübernahme in Deutschland 1933 konsequent ab, ihrer Partei beizutreten. Die Folge war ein ebenso konsequentes Mobbing durch Unterdrückung seiner Forschungsergebnisse, welche als „Ergebnis einer Geistesstörung“ bezeichnet wurden.

    Derartig gezielte Verleumdungen bedienen sich offenbar stets ähnlicher Muster an Gerüchten und Behauptungen. „Die amtliche Überprüfung führte nach zwei Jahren immerhin zu einer Anerkennung der Mikrobe `Siphonospora polymorpha´ als Blutparasit, wie Brehmer sie genannt hatte. So folgte 1934 die Publikation: `Siphonospora polymorpha – ein neuer Mikroorganismus im Blut und seine Beziehung zur Tumorgenese´“ (zitiert aus: „Die medizinische Welt“, Nummer 34).

    Von Seiten des Reichsgesundheitsamtes wurde Bremer danach mit einem Publikationsverbot belegt, seine Untersuchungsmethode „für die Erkennung des Krebses aus einem Tropfen Blut“ als wertlos diffamiert. In der Folge hat sich den Forschungsergebnissen von Brehmers ein Dr. med. Cornet vom „Verein Deutscher Volksheilkunde“ in Nürnberg angenommen und damit klinisch gearbeitet. Im Prinzip bestand die Therapie aus Maßnahmen zur Herdsanierung und Entgiftung und einer Säuretherapie zur Senkung des Blutsäurewertes unter den krebsförderlichen Bereich von pH 7,5-7,6, weiters Ernährungstherapie zur Unterstützung dieser Blutwerte und schließlich ein spezifischer Therapieversuch mit zwei von Brehmer entwickelten Impfstoffen, welche aus den als pathologisch angesehenen Stäbchenformen hergestellt wurden.

    Auch diese klinische Abteilung wurde von politischer Seite geschlossen. Brehmer wurde von Unterstützern die Führung eines Privatlabors in Berlin angeboten, um seine Forschungen weiterführen zu können. Weiterer politischer Druck und Überwachung folgten, um weitere Versuche Brehmers als `geisteskrank´ zu brandmarken. Das Ende des „Tausendjährigen Reiches“ beendete die persönliche Verfolgung. Das Forschungslabor war allerdings ebenfalls zerstört. Brehmer weigerte sich seine Impfpräparate den Englischen Besatzungsbehörden „mangels an Erprobung“ zu überlassen. Bis zu seinem Tode arbeitete Prof. von Bremer in Bad Kreuznach, wo er 1947 ein Institut, und 1948 eine „Internationale Akademie für Blut-, Geschwulst- und Infektionskrankheiten e.V.“ gegründet hatte.

    Fazit:

    Gewiss haben die drei Herren jeweils eigene Begriffe entwickelt. Und die Zwischenwirthypothese Webers – in schöner Analogie zur Malaria – konnte nicht halten. Wir werden über ihre Forschungen aber nichts erfahren, weil niemand danach fragt. Ein Vergleich des T-Bion-Zerfalls im Blut bei der Krebs-Schrumpfungsbiopathie – auch bereits in Frühstadien, wie Reich es berichtete, mit den Blutausstrichen Webers mit Bläschenhaufen und danach ausschwärmenden ‚Oozyten‘, halte ich für naheliegend. Beide könnten Analoges beobachtet haben. Freilich hat Reich darüber hinaus seinen charakteranalytischen Überbau für sein Verständnis der Krebsentstehung und die faszinierende Hypothese der Urzeugung des Lebens im Zuge seiner Beobachtungen zur Bionentstehung.

    Jedenfalls werden, ebenso wie bei Reich, auch die Forschungen Webers und von Brehmers nicht weiter bearbeitet; sie sind wissenschaftlich tot. So tot wie die Infektionshypothese bei Tumorerkrankungen, um die es bei ihren Forschungen ganz allgemein geht. Warum diese nicht mehr in Erwägung gezogen werden?- Nach den Teer-Pinselungsversuchen (lokale Tumorerzeugung nach Aufbringung ‚canceröser‘ Substanzen auf die Haut) wurden sie fallen gelassen, da eine Erregerübertragung bei jeder Pinselung ausgeschlossen werden konnte.- Immer aber bedarf jede kanzerogene Substanz zum Einwirken eine Latenzzeit, wirkt sie doch auf eine komplexe, lebendige und reagierende Einheit, bei der das `Terrain´ umgestimmt werden muss und eine ‚Schrumpfungsbiopathie‘ entsteht, die mehr oder auch weniger ausgeprägt sein kann.

    Ob derartige, hängende Fäden der Wissenschaftsgeschichte wieder aufgegriffen werden, ist nicht abzusehen. Auch neu auftauchende Forschungen, die nicht den Pfaden des universitären Gärtchens folgen und auf den industriellen Weiden kein Plätzchen ergattern, werden ebenso verwelken, ohne ernsthafte Erwägung und Verbreitung finden zu können. Vielleicht hat die Wissenschaft im Sinne des `wissenschaftlichen Idealkonzepts der Selbstkorrektur´ von Anfang an nicht optimal funktioniert.

    Im Laufe der Jahrhunderte bis heute hat jedenfalls der dogmatische Anspruch: „Denken außerhalb verboten, verrückt, lächerlich!“, eher an Gewicht gewonnen. Bleibt immer noch die morgendliche Optimismusübung: Sich beim Aufstehen vorzustellen, dass man immer bereits das neue Wesen war und daher auch als dieses aufwacht. Ebenso kann ich mir dann auch ohne weiteres vorstellen: Wissenschaft entwickelt sich als Werkzeug weiter und die Medizin hört auf in ihren Sackgassen vor sich hin zu scharren und orientiert sich neu.- Wie das funktioniert! Einige Minuten wenigstens.

    Quelle:
    Rudolf Pekar, Nikolai N. Korpan, „Krebs – Die biologische und die medizinische Tragödie– Bio-Onkologie“. Wilhelm Maudrich Verlag, Wien; 2002

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    Bukumatula 1/11

    Weniger ist mehr

    Gespräch mit Wolfram Ratz über seine Rolle als neuer Obmann des Wilhelm Reich Instituts
    Josef Pühringer:

    Josef: Wolfram, du bist in der Generalversammlung am 30. Jänner dieses Jahres zum Obmann gewählt worden. Was hat dich dazu bewogen, diese Funktion zu übernehmen?

    Wolfram: Es war bekannt, dass Regina Hochmair ihren Vorsitz nach vier Jahren zurücklegen wird. Nach ausführlicher Diskussion zur Wahl des neuen Vorstands habe ich mich entschlossen, Verantwortung dafür zu übernehmen, dass das WRI innerhalb der nächsten zwei Jahre einen sicheren Hafen findet – „gut zu landen“ habe ich dazu gesagt. Ich möchte den bereits von Regina eingeschlagenen Weg – den Empfehlungen der WRI-Klausur in Bad Pirawarth vom Februar 2007 folgend -, konsequent fortsetzen.

    J: Was waren für dich die wesentlichen Ergebnisse der Klausur in Bad Pirawarth, denen du dich besonders annehmen willst?

    W: Das Hauptthema war die Neustrukturierung des Vereins nach meinem Ausscheiden als Sekretär. Es gab eine Vielzahl an Vorschlägen, die allesamt in Eines mündeten: Reduzierung bzw. Einstellung von Aktivitäten. Der Meinung von Heiko Lassek, dass ein kleines Flämmchen am Leben zu erhalten ist, schließe ich mich aber an.

    J: Wie willst du dieses `kleine Flämmchen´ am Leben erhalten?

    W: Da es an persönlichen Ressourcen mangelt, werden wir uns nach der Decke strecken. Schade finde ich, dass keine Frau im Vorstand vertreten ist und es so gut wie keinen Nachwuchs gibt.- Trotz der relativ großen medialen Wahrnehmung Wilhelm Reichs anlässlich der Wiederkehr seines 50. Todestages im Jahr 2007 – verbunden mit der Öffnung seines Archivs, was doch mit einigen Erwartungen verknüpft war -, dessen Einsicht aufgrund des umfangreichen Materials aber erst in etlichen Jahren aufgearbeitet sein wird, hat das Interesse an Wilhelm Reich abgenommen. Auf längere Sicht gibt es auch keine Jubiläen zu feiern.

    Aus meiner Sicht hatte das WRI einmal – ebenso wie die AIKE – in den Jahren, in denen das körpertherapeutische Gedankengut Reichs – vornehmlich aus den USA – wieder in Österreich angekommen war, eine wichtige Funktion. Das ist jetzt aber schon zwanzig, dreißig Jahre her. In der Zwischenzeit haben große Organisationen wie zum Beispiel die EABP diese Rolle übernommen. Viele Ideen Reichs sind auch in anderen Therapiemethoden bereits integriert.- Wir sind also in stille Gewässer gekommen.

    J: Welche Ziele hat der neue Obmann für die nächsten zwei Jahre?

    W: Der Schwerpunkt liegt für mich in einer weiterhin gut gestalteten WRI-Homepage, insbesondere in der Neugestaltung unseres Therapieangebotes in körperorientierter Psychotherapie. Aus meiner Sicht gibt es dafür eine Nachfrage.- Unsere Vereinszeitschrift Bukumatula ist eine Baustelle. Es gibt generell ein Interesse an einem Weiterbestand und von Zeit zu Zeit Anfragen zur Veröffentlichung von Artikeln – und es gibt derzeit zwei Chefredakteure – Robert Federhofer und Josef Pühringer. Ich möchte beide sehr darin ermutigen, ihrem Wissen und ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen.

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