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Bukumatula 1/2011

20 Variationen über den Vater, Wilhelm Reich

Interview mit Peter Bolen anlässlich des Erscheinens seines Buches
„Quanten und die Kunst der Heilung“
Beatrix Teichmann-Wirth:

Beatrix: Lieber Peter, ich habe ja an einem Deiner `Erlebnisabende´ zur „Quantenheilung“ teilgenommen und mich sehr gefreut, Dich zu sehen – und war auch sehr beeindruckt von der Selbstverständlichkeit, mit welcher Du die Demonstrationsbehandlungen durchgeführt hast.

Auch wenn ich Dich als sehr wandlungsreichen und entwicklungsbereiten Mann kennen und schätzen gelernt habe, hat es mich dennoch etwas erstaunt, dass Dein Weg Dich von der reinen Naturwissenschaft – Psychiatrie – über die Gestalttherapie, den Reich´schen Therapieansatz hin zur Quantenheilung geführt hat, was ja dem Gebiet der Esoterik zugerechnet wird. Wie kam es dazu?

Peter: In den letzten zehn Jahren habe ich mit der 2-Punkt Methode experimentiert, die ihren Ursprung in Hawaii hat und dort Lomi Lomi genannt wird. Meine ersten Erfahrungen damit habe ich anfangs der 70er Jahre in Kalifornien an der Lomi School in San Francisco bei Mike Smith gemacht. Durch das theoretische und praktische Studium der Arbeiten zweier amerikanischer Chiropraktiker, die unabhängig voneinander die Methode neu entdeckt haben und sie mit der Quantenphysik in Verbindung gebracht haben, bin ich darauf gekommen, dass wir sehr ähnlich arbeiten.

Der erste Punkt bei meiner von mir entwickelten `Gelenksarbeit´ war immer ein Gelenk, der zweite neutral am Körper. Ich habe auch mit anderen zwei Punkten experimentiert. Das Analogiemodell der Quantenphysik hat mich sehr interessiert, und ich habe meine Methode dadurch modifiziert. Insofern, als ich eine neues Erklärungsmodell der Heilung anbiete und weiters nicht mehr im Liegen arbeite. Das `Umfallen´ bei der Behandlung, welches in den meisten Fällen geschieht, ist für den Klienten eindrucksvoll und unterstützt den Heilungseffekt.

B: Wo hast Du die `Quantenheilung´ gelernt, bei Kinslow oder Bartlett?

P: Bei Mike Smith. Der Besuch von Matrix- und Quantenseminaren war nur eine Wiederholung, beziehungsweise eine Bestätigung meiner bereits erworbenen Erfahrungen.

B: Was ist nun die Verbindung zur Quantenphysik?

P: Zunächst die Erkenntnis, dass wir nicht nur aus fester Materie bestehen, sondern auch aus einem elektromagnetischen Feld, in dem Energie fließt. Auf diesen Energiefluss können wir Einfluss nehmen, indem wir uns einerseits mit dem elektromagnetischen Feld des Klienten, und andererseits mit dem uns allen umgebenden elektromagnetischen Feld verbinden, welches Steven Hawkins die „Matrix“ nennt. Es entsteht ein Impuls, der die Selbstregulation des Organismus anstößt und so den blockierten Energiefluss, der Krankheit verursacht, wieder in Gang bringt. Die Energie der Matrix nannte Reich `Orgon´.

Weiter zu den Begriffen der `Superposition´ oder `Nichtlokalität´: Möglichkeiten der Heilung sind potentiell im Feld vorhanden und werden durch geschärfte Wahrnehmung – Intention – zu einer realen Wirklichkeit. Dies wird analog zur Quantenphysik das `Kollabieren der Welle´ genannt.

Wichtig ist aber – im Gegensatz zur Schulmedizin, die noch auf der Newtonschen Physik beruht und zu den meisten Psychotherapieformen, dass sehr oft Heilungen ganz unmittelbar geschehen. Augenblicklich, und nicht durch langsame Veränderung. Hinweise dazu finden sich in meinem Buch „Quanten und die Kunst der Heilung“ in Beispielen wie des `Quantensprunges´ in der Physik, in der Erkenntnis der `funktionalen Identität scheinbarer Gegensätze´ bei Wilhelm Reich, dem zur `Erleuchtung´ im Zen-Buddhismus, der Gestalttheorie und in der Theorie des dialektischen Materialismus, etc.

Überall dort werden geschehene Veränderungen als `sprunghaft´ beschrieben. Ganz im Gegensatz zur überkommenen Vorstellung von „natura non saltat“. Weitere Verbindungen können in meinem Buch nachgelesen werden, sie würden durch ihre Fülle den Rahmen dieses Interviews sprengen.

B: Ist das Wissen über Quantenphysik, Epigenetik, usw. wichtig, um die Quantenheilung zu erlernen bzw. zu praktizieren?

P: Für mich als ausgebildeten Naturwissenschaftler ist es sehr hilfreich. Es ist wie ein Wanderstab, der mir beim Überschreiten von Grenzen in eine andere Wirklichkeit hilft.

B: In Deinem Buch stellst Du immer wieder Verbindungen zu Wilhelm Reich und seinem Ansatz her; inwiefern siehst Du da welche?

P: Abgesehen von dem vorher erwähnten Hinweis auf die `funktionale Identität scheinbarer Gegensätze´, ist es der Begriff der `Selbstregulation´, die Wilhelm Reich `Selbstorganisation´ nannte. Fritz Perls meinte mit seinem Begriff des `homöostatischen Gleichgewichts´ dasselbe.- Das ist der Schlüssel für das Verständnis aller Heilungsvorgänge. Reich konnte diesen Begriff psychoanalytisch, orgonomisch und politisch beschreiben. Es blieb ihm verwehrt, ihn mathematisch darstellen zu können. 1992 erhielt der Belgier Ilya Prigogine für die mathematische Darstellung der `Selbstorganisation´ den Nobelpreis für Chemie.

Reich postulierte, dass Orgonenergie überall vorhanden ist. Durch Richard Feynman wissen wir seit Mitte des letzten Jahrhunderts, dass es überall im Universum durch das Phänomen der Polarisation und Fluktuation messbare Energie gibt, auch wenn dort keine Atome existieren. Durch diese Fluktuation ist es möglich, dass sich Energie von selbst auf einem höheren Niveau neu organisiert. Darauf hat Reich hingewiesen, als er über den `umkehrbaren Effekt der Entropie´ sprach.

B: Wie funktioniert die Quantenheilung, was sind ihre Prinzipien?

P: Ich berühre den Patienten einerseits an einem Punkt an seinem Körper, andererseits an einem Punkt in seiner Aura. Mit meiner Intention verbinde ich mich mit der Matrix. Es entsteht ein Impuls, der die Selbstheilungskräfte des Patienten anstößt. In der Regel fällt er um. Nach dem Aufstehen geschieht es nicht selten, dass die vorher bestandenen Symptome verschwunden sind.

B: In Deinem Buch greifst Du zwei Punkte als wesentlich heraus: Das Vertrauen bzw. den Glauben an die Heilung und die Ausrichtung des Behandlers auf das – wie es im Zen-Buddhismus heißt – „reine Bewusstsein“.

P: Der Glaube ist in der Wissenschaft unter dem Begriff `Hypothese´ bekannt. Ein Experiment bestätigt oder falsifiziert die Annahme. Wenn sich die Hypothese bestätigt, brauche ich nicht mehr zu glauben, dann „weiß“ ich. Der Glaube ist also ein Weg zum `Wissen´. Durch meinen Glauben wird die Wahrscheinlichkeit größer, dass es zum Wellenkollaps einer Möglichkeit in diese Realität kommt. Die Ausrichtung eines Therapeuten auf `Awareness´, auf bewusste Wahrnehmung, oder `Achtsamkeit´, wie es im Buddhismus heißt, ist oft Teil seiner Ausbildung und seines spirituellen Weges.

B: Wie ist das Vertrauen, der „Glaube als Weg zum Wissen“, wie Du im Buch schreibst, im Menschen zu fördern? Da in uns westlichen Menschen ein großes Misstrauen wohnt, ist dieses Vertrauen ja oftmals wahrscheinlich nicht von vornherein gegeben.

P: Das ist das Experiment, zu dem ich einlade und welches `Glauben´ bestätigen kann. Der persönliche Erfahrungshintergrund mit subjektivem Wissen ist der Schatz, aus dem heraus der Therapeut heilt.

B: Meiner Erfahrung nach ist der Zustand des `reinen Bewusstseins´ erst nach jahrelanger Meditation möglich. Welche Praxis hast Du da zur Reinigung der Wahrnehmung und welche empfiehlst Du für Behandler?

P: Es gibt so viele Wege der Meditation und des Gebetes, wie es Menschen auf diesem Planeten gibt. Ich ermuntere die Suchenden in meinem Buch zum individuellen Experiment. Der richtige Weg ist immer der des Herzens. Leider sind persönliche Erfahrungen nicht übertragbar. Jeder muss sich aufmachen und seinen eigenen Weg finden. Auf die Frage „Was ist unser Weg?“, antwortete Che Guevara einmal: „Der Weg ist der, den wir gehen und durch unsere augenblickliche Erfahrung wahrnehmen“.

B: Was die Therapie anbelangt: Du schreibst, dass es zu Übertragungsphänomenen kommen kann. Wie wird damit umgegangen, vor allem wenn keine therapeutische Ausbildung vorhanden ist?

P: Das Wissen über diese Grundphänomene muss man sich als professioneller Behandler aneignen.

B: Du schreibst weiters, dass es notwendig ist, dass man als Behandler über die Körperresonanz spürt, an welchen Punkten man berührt, bzw. welche Themen zu bearbeiten sind.- Reich nennt dies ja `vegetative Identifikation´ und meint, dass eine derartige Fähigkeit zum Mitschwingen, bzw. zu einer derartigen Durchlässigkeit und Empfänglichkeit, erst auf der Basis eines entpanzerten Organismus möglich ist.

Meiner Erfahrung nach braucht das eine längere Körperarbeit, in Folge welcher die chronischen Blockaden im Therapeuten gelöst werden, sodass er sich sicher sein kann, dass er wirklich auf den Patienten `antwortet´ und nicht projektiv ist. Deshalb meine Frage: Findest Du, dass es da eine spezifische Ausbildung braucht, um mit diesen Phänomenen umgehen zu können, oder kann jeder Quantenheilung praktizieren, auch ohne psychotherapeutische Vorbildung?

P: Die Fähigkeit zur vegetativen Identifikation oder zur somatischen Resonanz, wie sie auch genannt wird, ist durch Übung der Wahrnehmung eigener Prozesse erlernbar. Wenig gepanzerte Menschen haben leichtere Zugänge. Falls durch die Anwendung der Quantenheilung persönliche Themen nicht aufgelöst werden, sondern sich einer therapeutischen Bearbeitung öffnen, empfehle ich Anwendern ohne spezifische Ausbildung eine Zusammenarbeit mit Psychotherapeuten.

B: Wenn es nicht um die Behandlung von einzelnen akuten, auch körperlichen Symptomen geht, sondern z.B. um jahrelang bestehende depressive Verstimmungen, bzw. eine chronische körperliche Erkrankung: Braucht es dann nicht eine längerfristige Begleitung auch für ein Leben ohne das Symptom? Viele Menschen haben dem Symptom in ihrem Leben ja schon einen würdigen Platz eingerichtet, und auch das soziale Umfeld hat sich daran angepasst.

P: Meiner Erfahrung nach hat sich diese Annahme nicht bestätigt. Es ist nicht so, dass ein seit langem bestehendes Symptom eine lange Behandlung erfordert, um es aufzulösen. Das ist eher ein behindernder Glaubensansatz. Die so genannten `Spontanheilungen´ sind eine meiner aufregendsten Erfahrungen mit der Quantenheilung. Es ist interessant, dass Freud in seinen Anfängen ähnliche Erfahrungen gemacht hat.

Ich denke daran zurück, dass ich noch vor zehn Jahren auf die Frage eines Patienten nach der Dauer der Therapie geantwortet hätte: „Statistisch gesehen mindestens zwei Jahre“. Und die Therapie hat dann auch meist zwei Jahre gedauert. Wir sollten immer darauf vorbereitet sein, dass sich Symptome sprunghaft, eben wie ein Quantensprung, augenblicklich auflösen können.

B: Ich habe an Deinem `Erlebnisabend´ wahrgenommen, dass es nach dem `Kollabieren der Welle´ zu heftigen körperlich-energetischen Reaktionen gekommen ist, wie wir sie aus der Reich´schen Körperarbeit kennen. Braucht es da nicht eine tiefe, vertrauensvolle Verankerung im Organismus des Behandlers, um diese Reaktionen angstfrei begleiten zu können?

P: Ja.

B: Ganz konkret: Wie sieht eine Sitzung aus, und wie viele Sitzungen braucht es in der Regel?

P: Die goldene Regel lautet: Es gibt keine Regel.- Wie eine Sitzung aussieht, habe ich weiter oben beschrieben. Quantenheilung kann eine oder einige wenige Sitzungen beanspruchen; manchmal öffnet die Behandlung Themen, die erst anschließend psychotherapeutisch bearbeitbar sind. Dies kann ein längerer Prozess sein.

B: Du hast in Deinem Buch einige wirklich erstaunliche Behandlungs- erfolge angeführt; z.B. bei einer krebserkrankten Frau und auch bei einer chronischen Depression. Wie hoch ist die Erfolgsrate im Schnitt?

P: Die letzten zwei Jahre, in denen ich meine Behandlung `Quantenheilung´ nenne und im Stehen arbeite, sind zu kurz, um eine Statistik erstellen zu können. Diese wird wohl in einer Privatpraxis durch die geringe Fallzahl auch nicht erstellbar sein. Ich bin jedenfalls von der Wirksamkeit und der oft plötzlichen Besserung sehr beeindruckt.

B: Eine provokante Frage: Wenn es ohnedies dieses Instrument gibt, dass ja so einfach und schnell wirksam ist: Warum dann überhaupt noch die doch eher langfristigen Psychotherapien?

P: Systeme die etabliert sind, haben eine Tendenz sich selbst zu erhalten. Politische und gesellschaftliche Anerkennung geben Macht. Diese gibt niemand freiwillig ab.

Ich sehe die Schulmedizin und die Psychotherapie nicht als Konkurrenz, sondern als eine sinnvolle Möglichkeit zur Zusammenarbeit. In einigen Fällen wird es die eine Methode sein, die indiziert ist – zum Beispiel die Chirurgie bei akuten Verletzungen -, in anderen Fällen, zum Beispiel bei chronischen Erkrankungen, wird es vielleicht die Alternativmedizin, die Homöopathie, die Quantenheilung oder die spirituelle Heilung sein, die sich als sinnvolle Alternative anbietet und zum Erfolg führen kann.

Bei posttraumatischen Belastungsstörungen würde ich zunächst eine qualifizierte psychotherapeutische Behandlung empfehlen – und dabei immer daran denken, dass wir nur durch die Körperpsychotherapie an gespeicherte Erinnerungen vor dem dritten Lebensjahr herankommen können, da ja hier noch keine Sprache besteht.

B: Noch eine vielleicht provokante, zusätzliche Frage: Ist Quantenheilung überhaupt erlernbar? Wenn ja, welche Voraussetzungen sind förderlich?

P: Grundsätzlich ist `Quantenheilung´ für jeden erlernbar. Ich denke da an die Nützlichkeit der Selbstbehandlung. Für Anwender, die diese Form der Heilung professionell ausüben wollen, empfehle ich eine fundierte Ausbildung, die sowohl medizinisches als auch psychotherapeutisches Wissen mit einschließt.

B: Ich danke Dir für das Gespräch und für alle Erfahrungen, die ich mit Dir teilen durfte.

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Hinweis auf die Buchneuerscheinung:
Peter Bolen, Quanten und die Kunst der Heilung;
Broschüre, 104 Seiten.
Verlag des Biographiezentrums,
D-86925 Fuchstal, Welden 18; 2011 (ISBN 978-3-940210-54-8).
€ 15,90.

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