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Bukumatula 3/2006

Auszeit braucht Einkehr

Zur Eröffnung des Präventionszentrums in Bad Pirawarth
von
Regina Hochmair:

Erstmals kann in Österreich RADIX® und FA (Funktionale Analyse) im stationären Rahmen zum Einsatz gebracht werden. Beide Verfahren basieren auf den Arbeiten Wilhelm Reichs. Aufgrund meiner Weiterbildung in Verhaltenstherapie wird das psychotherapeutische Angebot „Körper/Verhaltenstherapie“ (KVT) genannt. Autonomie, Lösungsorientiertheit im Umgang mit Problemen, sowie Unterstützung bei der Entwicklung und Verwirklichung von Zielen sollen damit als wesentliche Merkmale genannt sein.

Die stationäre Behandlung richtet sich an Menschen, die stressbedingten Folgeerkrankungen, körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung, Angsterkrankungen, Depressionen, chronischen Schmerzen, chronischen Hauterkrankungen, Burnout, Adipositas sowie psychosomatischen Erkrankungen vorbeugen möchten.

In einem 14-tägigen Programm wird mit der AUSZEIT-KUR eine spezielle Zielgruppe angesprochen: Menschen, die aufgrund ihrer übermäßigen Anforderungen Burnout gefährdet sind. Da das Präventionszentrum als Kurhotel geführt wird, sprechen wir von Gästen.

In zwei Wochen erhalten die Gäste eine Arztkonsultation und 6 Einzelsitzungen. Sie nehmen an 4 Gruppensitzungen, Entspannungstherapien und an der Kreativgruppe teil. Es besteht die Möglichkeit Cranio Sacrale Therapie, Kneipptherapie, Ernährungsberatung und Ganzheitstherapien (Ayurveda, Öldispersionsbäder nach Junge, WATSU – Wasser-Shiatsu), sportwissenschaftliches Training und Beratung zusätzlich zu machen. Physiotherapie, Massagen, Hydrotherapie, Elektrotherapie sowie ärztliche und psychologische Leistungen können genutzt werden.

Selbstverständlich kann ein zweiwöchiger Aufenthalt nur als Impuls verstanden werden. Eine Weitervernetzung mit ambulanten bzw. niedergelassenen Therapeuten macht natürlich zur Stabilisierung und Nachhaltigkeit des eingeleiteten Veränderungsimpulses Sinn.

Wir unterscheiden uns von den herkömmlichen Wellnesseinrichtungen dadurch, dass in Bad Pirawarth auch eine intensivere medizinische Betreuung gewährleistet ist und dass wir offen für komplementäre Behandlungsmethoden sind, die wir sehr individuell abstimmen können.

Das Präventionszentrum Pirawarth liegt eingebettet in den alten Kurpark in unmittelbarer Nachbarschaft der dazugehörigen renommierten neurologischen Klinik Pirawarth.- Im Haus befindet sich auch ein Heilwasserbrunnen. Das Heiltrinkwasser ist seit 1376 bekannt und heute ein wissenschaftlich anerkanntes Heilmittel gegen Sekretionsanomalien des Magens und entzündlichen Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes.- Das heiße Jod-Sole-Thermalwasser bewährt sich bei der Behandlung von Hauterkrankungen.

Mit der sogenannten Pirafit-Methode werden adipöse Gäste behandelt. Ausgehend von dem „Schlank ohne Diät“-Programm wurde es von Ernährungsexperten des Institutes für Sozialmedizin der Universität Wien zusammengestellt.- Das Haus hat auch eine orthopädische Rehabilitationsstation.

Warum die spezielle Zielgruppe?

In einer Zeit stets wechselnder Anforderungen bekommt Ausgeglichenheit einen neuen Stellenwert.
Verantwortungsvolle Menschen erkennen, wann es „Zuviel“ ist und erlauben sich eine kreative Schöpfungspause. Sie ziehen sich aus den Verpflichtungen zurück, um Kräfte zu sammeln, damit diese für die alltäglichen Anforderungen in Beruf und Privatleben wieder verfügbar sind.

Dies ist dann möglich, wenn sie ihre persönlichen Leistungsgrenzen kennen. Es gibt Zeiten, in denen sie auch bereit und willens sind, persönliche Bedürfnisse aufzuschieben, da vermehrte Anforderungen dies abverlangen. Dies gelingt umso leichter, wenn der Zeitraum der Mehrarbeit überschaubar ist und die Entlohnung für den Mehraufwand folgt. Dies kann materiell oder durch Anerkennung und Bestätigung der erbrachten Leistung sein.

Mit der Rückkehr in ein tragendes Beziehungsnetz wie Familie, Partnerschaft, Freundeskreis, befassen sie sich mit Beziehungsthemen. Das nach Hause kommen, was immer das für jeden persönlich bedeutet, wird als die Zeit des Innehaltens, der Einkehr, eingebettet in eine sichere Umgebung, erlebt. Private Beziehungen werden gepflegt und sie können den eigenen Neigungen nachgehen. Sie nehmen sich Zeit für den Urlaub, weil sie reif dafür sind. Jede, jeder hat im Laufe der Zeit Methoden gefunden, durch Ruhe, Besinnung und Sammlung in einem ausgewogenen Gleichgewicht zu aktiven Phasen zu stehen.

Zeiten des Wechsels sind labile Zeiten. Ganz natürlich bewegen sie das Leben und fordern die zur Bewältigung nötige Flexibilität von uns ab. In unserer beschleunigten Zeit nimmt jedoch auch die Frequenz der Wechsel zu.
In diesen unruhigen Zeiten gerät das Taktgefühl für Erholungsbedürfnis und Aktivität aus dem Rhythmus. Viele Menschen leben jahrzehntelang in der Gewissheit, alles im Griff zu haben, wenn sie sich nur mehr anstrengen und härter arbeiten.

Dabei wird die Willens- und Durchsetzungskraft gestärkt, die Leistungsspirale höher gedreht und die Befriedigung aus dem Schaffen gezogen, bis der Circulus Vitiosus aus Anforderung-Bewältigung und Anerkennung kippt und der Kraftverzehr in eine schneller und enger werdende Negativspirale zieht. Eine Kette aus Anstrengung, Ermüdung, Selbstzweifel, subjektiven Misserfolgen und Dauerstress, lässt den Schaden nicht mehr verbergen. Der Zeitpunkt ist gekommen, an dem schmerzlich festgestellt werden muss, wie die körperliche Ermüdung fortgeschritten ist und die innerliche Erschöpfung zugenommen hat.

Beziehungen sind bereits in Mitleidenschaft gezogen. Die Grenzen der eigenen Bemühungen sind schon lange überschritten. Noch wird alle Kraft in die Verhinderung des privaten und beruflichen Misserfolges investiert und der Zustand, der in den 70er Jahren von Herbert Freudenberger mit dem Begriff BURN-OUT geprägt wurde, geleugnet. Unrealistische Erwartungen an den eigenen Arbeitserfolg, übertriebene Anforderungen an sich selbst, eine Überschätzung der eigenen Kräfte und Möglichkeiten haben dazu geführt. Ausbleibender Erfolg wird durch noch mehr Engagement und dem Gefühl der Unentbehrlichkeit ausgeglichen und durch Hyperaktivität ersetzt.

„Erholung“ findet bei übermäßigem Alkoholkonsum oder mit anderen Drogen, zuviel Essen und beim Zappen der Fernsehsteuerung statt.

„Burn-Out“ ist ein Reaktionssyndrom, das aus Aufgaben-, Personenmerkmalen und ständig wandelnden Arbeitsbedingungen resultiert. Es muss als eine spezifische Form der Bewältigung oder Lösung von Konflikten, Problemen oder Aufgaben verstanden werden.

Die häufig arbeitsplatzbezogenen Beschwerden alleine genügen aber nicht, um ein Burn-Out-Syndrom entstehen zu lassen. Den „Burn-Out-Mix“, bestehend aus emotionaler Erschöpfung, negativ-zy-nischer Einstellung anderen Menschen gegenüber und Zweifel am Sinn der eigenen Arbeit, erleiden Arbeitnehmer vor allem auch in jenen Berufen, in denen eine emotional engagierte Hinwendung zu anderen Menschen gefordert ist. Bleiben dann trotz hoher Verausgabung sichtbare Erfolge aus und kann dies nicht durch Anerkennung von anderer Seite kompensiert werden, kann es zur so genannten Gratifikationskrise kommen. Die berufliche Eignung der eigenen Person wird angezweifelt und die Arbeit als solche als sinnlos erachtet.

Mittlerweile gibt es kaum eine Berufsgruppe die von der Burn-out Gefährdung nicht betroffen wäre.
Das Pulsationsmodell Wilhelm Reichs, wie es von Kelley und Davis mit unterschiedlicher Gewichtung – bezogen auf den Outstroke und Instroke beziehungsweise hinsichtlich der Arbeitstechnik weiterentwickelt wurde, bietet einen griffigen Ansatz für das Verständnis des Burn-out–Zyklus an. Eine genauere Untersuchung dieses Zusammenhanges halte ich für sinnvoll und kann im neuen Präventionszentrum zur Verwirklichung kommen.

Es freut mich Euch dies mitteilen zu können.

Information:
Präventionszentrum Kurhotel Pirawarth
A-2222 Bad Pirawarth, Kurbadstraße 100
Tel.: 02574/29160 836
www.kurhotel-pirawarth.at
info@kurhotel-pirawarth.at
hochmair@kurhotel-pirawarth.at

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