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Bukumatula 6/1994

Die Kunst naturgerechten Kochens

Das Lima Ohsawa Kochbuch Heinrich Hugendubel Verlag, München: 1986
Brigitta Bolen, Beatrix Teichmann-Wirth:

EINLEITUNG

Inochi heißen im japanischen Leben die vitalen biologischen und physiologischen Vorgänge, die unser tägliches Dasein ermöglichen. In Japan wie in anderen Teilen der Welt war es immer selbstverständlich, daß Leben sich aus der Substanz und Energie der Nahrung aufbaut. Obwohl es oft übersehen wird, läßt sich die offensichtliche Tatsache, daß die menschliche Existenz hauptsächlich von der Nahrung abhängt, keine Entschuldigung zu für Sorglosigkeit in der Wahl der Zubereitung unserer Nahrung und unserer Eß- und Trinkgewohnheiten Dennoch betrachten nicht viele von uns diesen Bereich als selbstverständlich, als reine Gewohnheit, oder nur als Quelle der Sinnesbefriedigung? Die Ernährung spendet zwar die lebendige Energie für unser Leben, aber sie kann, und das vergessen wir oft, nachlässig oder ausschweifend angewandt, ihm auch ein Ende bereiten.

Praktische Makrobiotik beginnt mit dem Verstehenlernen der Nahrung. Unsere Philosophie unterscheidet zunächst in der vorhandenen Vielfalt zwischen den zwei Kategorien des Tierischen (yang) und des Pflanzlichen (yin). Es ist ein ökologisches Gesetz, daß alles tierische Leben für seine Existenz vom Pflanzenreich abhängig ist, denn die Pflanzen verwandeln die Grundstoffe der Natur in verdaubare Nahrung. Eine „Nahrungskette“, eine Hierarchie des Essenden und des Gegessenen schreibt vor, daß große Fische kleine fressen, während die kleinen sich vom Meer oder Flußpflanzen ernähren. Die fleischfressenden Geschöpfe der Welt verschlingen die Pflanzenfresser.

Auch wir Menschen, entwicklungsgeschichtlich das jüngste Glied in der Nahrungskette, sind entweder direkt oder indirekt auf das pflanzliche Leben für unsere Ernährung angewiesen. Die auf Erfahrung beruhende makrobiotische Philosophie lehrt, daß der Mensch, obwohl er immer wieder beweist, daß er essen kann was er will, (wobei er allerdings Konsequenzen tragen muß), seine Gesundheit und Lebenskraft verbessern kann, je mehr er sich gänzlich und direkt von Pflanzen ernährt.

Denn wenn wir unsere Nahrung aus dem Tierreich holen, sind die lebensaufbauenden Grundstoffe ungeformt und unausgewogen, einige sind verstärkt, andere sind verschwunden. Außerdem nehmen wir giftige tierische Abfallstoffe ebenso auf wie künstliche Zusätze der Industrie. Die Makrobiotik bedeutet jedoch nicht eine strikt vegetarische Lebensweise. Wir glauben nicht, daß jemand, der ausschließlich pflanzliche Nahrung ißt, notwendigerweise Gesundheit und Lebenskraft erlangt, und in Harmonie mit der Umgebung lebt; beziehungsweise, daß jedermann sich auf den Pflanzenbereich beschränken muß, wenn er seine Natur verwirklichen möchte.

Die natürliche Ordnung in der Natur ist genauer und auch anpassungsfähiger. Die unterschiedliche Anzahl und Form unserer Zähne, das Tor der Nahrung in unseren Körper, sagt uns mehr über das Verhältnis in der menschlichen Ernährung. Von den insgesamt zweiunddreißig Zähnen sind acht (ein Viertel davon) zum Zerkleinern von Gemüse bestimmt, vier (ein Achtel) sind Eckzähne zum Zerreißen von Fleisch und zwanzig (fünf Achtel) sind Backenzähne, vorgesehen zum Zermahlen von Getreidekörnern. Nach dem Vorbild unseres Verdauungssystems legt die Makrobiotik das Hauptgewicht auf Getreide und Gemüse, und wie bei den Zähnen überwiegt das erstere. Georges Ohsawa widmete 50 Jahre seines Lebens dem Beweis, daß für den Menschen Getreide das Hauptnahrungsmittel ist. Es ist jedoch sowohl im Teller als auch im Mund ein wenig Platz fair eine verhältnismäßig kleine Menge tierischer Nahrung, falls nötig oder erwünscht.

Wir empfehlen zur Nahrung die niedrigeren tierischen Lebensformen, oder solche, die vom modernen Menschen am wenigsten gezüchtet oder behandelt wurden. Aber ich kann nicht genug betonen, daß mangelhafte Auswahl und unrichtige Zubereitung von guter Nahrung, sogar wenn sie im richtigen Mengenverhältnis steht, ihre gesunde und stärkende Wirkung vermindern können. Es gibt eine Grundordnung, die bei der Auswahl, beim Schneiden, bei der Zusammenstellung und beim Kochen beachtet werden sollte. Die Makrobiotik ist eine sehr verfeinerte Lebensweise, die mit einer möglichst großen Auswahl von verfügbaren Zutaten arbeitet. Sie ist der kulinarische Ausdruck

der reichhaltigen Individualität der Menschheit, und sie glaubt an eine Erziehung und Verfeinerung dieser Individualität. Um die Makrobiotik in richtiger Weise zu praktizieren, muß sich ein jeder von uns selbst kennen und die Dynamik der Nahrung verstehen lernen, um zu entdecken, wie er seinen persönlichen, speziellen Bedürfnissen am besten entspricht. Die Bedürfnisse der Menschen sind unterschiedlich, je nach ihrer täglichen Arbeit, ihrem Wohnort und dem Wechsel der Jahreszeiten. Eine Frau und Mutter muß nicht nur ihre eigenen Bedürfnisse. sondern auch die der Familienmitglieder verstehen, die ihr die Verantwortung fair die Zubereitung der Mahlzeiten anvertraut haben.

Die makrobiotischen Geheimnisse fair ein gesundes Leben und Essen sind Gleichgewicht und Mäßigkeit. Mann kann Vegetarier sein und alle Vitamine, Minerale, Kohlehydrate, Öle und Proteine, die fair Energie, Wachstum und Gewebserneuerung notwendig sind durch eine wohlausgeglichene Ernährung aus Getreide, frischem Gemüse. Früchten und Nüssen erhalten. Aber auch tierische Nahrung und Milchprodukte können ihren Platz in der makrobiotischen Mahlzeit finden, wenn wir sie richtig zubereiten und sie mit den anderen Bestandteilen unseres Menüs harmonisch kombinieren. Wir haben die Freiheit zu essen, was immer wir wollen; nichts ist verboten, außer Unkenntnis und Nachlässigkeit.

KOCHEN ALS SELBSTENTFALTUNG

Nach der Entdeckung des Feuers vor vielen tausend Jahren erfand die Menschheit zahlreiche Kochmethoden, aus denen sich langsam all die verschiedenen Formen, die wir heute kennen, entwickelten. Hauptanliegen des Kochens ist es, Nahrung so zuzubereiten, daß sie unser körperliches und seelisches Wohlbefinden unterstützt, unsere menschliche Natur ernährt und die Qualität unseres Lebens verbessert. Durch makrobiotische Kochmethoden werden die lebenswichtigen Nährstoffe deshalb erhalten und sogar verbessert.

Wir glauben, daß Kochen niemals nur der Befriedigung unserer sinnlichen Begierden dienen sollte, aber ich möchte nicht mißverstanden werden. Wir dürfen niemals die Bedeutung von Geschmack, Aroma, Beschaffenheit und Aussehen vernachlässigen oder geringschätzen. Der Idealfall ist, daß ein guter Koch wahrhaft köstliche und ansprechende Mahlzeiten zubereitet, aber es sollte ihm auch gelingen, jeder Zutat ihren eigenen natürlichen Geschmack zu erhalten. Die astronomische Ordnung der Natur, die im großen Maßstab am Himmel erscheint, findet ihre Entsprechung in der kleinen feinen Ordnung, die in den Zutaten beim Kochen enthalten ist. Jeder natürliche Geschmack, – bitter, süß, sauer, salzig, scharf und all die zahlreichen Abwandlungen – hat eine charakteristische Wirkung auf uns, auf Körper und Geist.

Zutaten verändern, verstärken oder mildern sich gegenseitig, wenn sie miteinander kombiniert werden. Beim Kochen können wir diesen natürlichen Geschmack (und seine Wirkung) nach Belieben hervorrufen, verstärken oder aufheben. Dies ist unser schöpferisches Vorrecht als Menschenwesen, ein erster Schritt zur Bestimmung unseres Schicksals. Falls wir ihn mit künstlichen Gewürzen oder durch falsche Zubereitung zerstören, verfälschen wir das „Natürliche an sich“ auf schädliche Weise und leiden beständig durch unsere Willkür. Ein guter Koch hat die Natur studiert, kennt den natürlichen Geschmack, und weiß ihn zu erhalten, – zum Wohle derer, die er ernährt.

KOCHEN ALS KUNST

Durch Nahrung wird der menschliche Körper erhalten, und durch Nahrung wird die Qualität und Richtung unseres Lebens bestimmt. Die Zubereitung der Nahrung, die unser künftiges Leben in Gang hält, ist eine schöpferische Handlung. Um in dieser Kunst erfolgreich zu sein, braucht man tiefes Verständnis, Feinfühligkeit und wahre Hingabe.

Kochen ist deshalb eine Handlung, die Geschick erfordert, für Männer sowie für Frauen. Es ist besonders wichtig fair Frauen und Mütter und alle, die jeden Tag Ar das Wohlergehen anderer kochen. Makrobiotisches Kochen schafft die Möglichkeit für eine Selbstverwirklichung und ein Verstehen und Anwenden der Naturgesetze durch die selbstlose Erhaltung des Lebens. Kochen ist eine vielschichtige Tätigkeit, die das Zusammenwirken von Farbe, Geschmack, Form, Konsistenz und Aroma zu einem einheitlichen harmonischen Ganzen beinhaltet. Wenn Musik und Malerei als schöne Künste gelten, so sollte diese Kunst einen besonderen Rang einnehmen, erstere bereiten Freude, das Kochen jedoch erhält die Menschheit. Wir betrachten es als die höchste aller Künste, und wer sie mit Hingabe ausübt, verdient die höchste Anerkennung.

KOCHEN IN HARMONIE

Makrobiotisches Kochen ist die Zubereitung von Nahrungsmitteln gemäß dem Prinzip, das wir die Ordnung des Universums nennen, unserer im Laufe der Zeit veränderten heutigen Auffassung des alten östlichen Prinzips von yin und yang. Das Prinzip veranschaulicht die harmonische Wechselwirkung der Gegensätze, die die Entwicklung von Pflanzen und Menschen steuert. Wenn wir das Gesetz kennen und es anzuwenden wissen, können wir unsere Nahrung ins Gleichgewicht bringen, ihre Qualität ändern, um sie leichter verdaulich zu machen und in einer einfachen Zutat eine Vielfalt an Geschmack und Aroma entdecken. Wir können unsere Mahlzeiten schmackhaft und gesund gestalten, ob unsere Zutaten nun kostspielig sind oder nicht.

Wir denken an diese Harmonie, wenn wir den täglichen Speiseplan zusammenstellen. Speisen aus dem Meer kombinieren wir mit der entsprechenden Nahrung vom Land. Tierische Nahrung (yang) sollte durch Gemüse oder Früchte (yin) ausgeglichen werden; kaliumreiche Nahrung (yin) harmoniert am besten mit salziger (yang). Keine Sorge. man muß kein Wissenschaftler sein. Das makrobiotische System beruht auf gesundem Menschenverstand und wenn die Intuition einmal neu belebt ist, werden wir feststellen, daß wir sie, wenn auch nur zögernd, schon die ganze Zeit gekannt und benützt haben. Mit ein bißchen Übung wird makrobiotisches Kochen zur zweiten Natur; mit mehr Übung könnte es vielleicht sogar zur ersten Natur werden. Die Rezepte in diesem Buch sind für den Anfang gedacht, bald werden Sie eigene erfinden können.

DIE HARMONIE DES GESCHMACKS

Mit Feinfühligkeit und zarter Hand können Mahlzeiten zubereitet werden, die durchwegs köstlich und verführerisch sind Niemals drauflos würzen. Es kommt bei der Zubereitung einer Speise auf den richtigen Moment zu würzen an. Salz zum Beispiel kann man ziemlich früh zugeben, damit das Gemüse beim Kochen fest bleibt, während Miso (Sojabohnenpaste) später zugegeben werden sollte. Wenn es zu lange gekocht wird, verliert es viel von seinem Nährwert und Geschmack

Um Geschicklichkeit im Umgang mit der Nahrung zu erlangen, muß man wieder Verständnis und ein Gefühl für den natürlichen Geschmack unserer Zutaten entwickeln. Diese harmonisch miteinander zu kombinieren ist eine aufregende Herausforderung. Wenn der Gaumen durch chemisch aufbereitete oder zuckerreiche Nahrung abgestumpft ist, dauert es ein oder zwei Wochen, bis wir wieder feine Nuancen schmecken können. Geduld – es ist der Mühe wert.

HARMONIE AUCH FÜR DAS AUGE

Speisen sollten immer so gereicht werden, daß sie reizvoll für das Auge sind, und daß Farbe, Konsistenz und Form eine harmonische Einheit bilden. Leichte Speisen sollten mit schweren zusammen serviert werden. Die Schärfe eines feingeriebenen Rettichs zum Beispiel, belebt gebratene Omochi (Reiskuchen), während die kühlen grünen Stengel von geschnittenen Schalotten einer Schale Soba (Buchweizennudeln) leuchtende Frische geben.

DIE HARMONIE DER FORM

Wir sollten Gemüse nicht wie Brennholz hacken. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, natürliche Zutaten so zu schneiden, daß jedes Stück die Harmonie von yin und yang beibehält.

  • Hasugiri – oder schräg in diagonale Scheiben schneiden.
  • Sengiri – oder Schneiden von Stiften. Wir schneiden jede schräge Scheibe in zündholzgroße Stückchen.
  • Koguchigiri, oder in mundgerechte dünne Scheiben schneiden.
  • Koguchigiri Hanagata – oder mundgerechte Blütenformen. Aus dünnen Scheiben schneiden wir kleine Keile heraus.
  • Rangiri – oder in unregelmäßige keilförmige Stücke schneiden. Wagiri – oder dicke Scheiben schneiden; dicker als Koguchigiri. Hangetsu, oder Schneiden von Halbmonden. Der Länge nach in die Hälfte und dann Koguchigiri schneiden.
  • Ichogiri – oder in Viertelscheiben schneiden. Zweimal der Länge nach halbieren, dann Koguchigiri schneiden.
  • Sainome – oder das Gemüse in etwa 1 cm große Würfel schneiden. Tanzaku – oder Rechtecke. Wir schneiden etwa 4 cm dicke Scheiben, jede Scheibe auf der flachen Seite in 4 oder 5 Stücke, und schneiden dann jedes Stück in dünne rechteckige Streifen.
  • Kikukagiri – oder Chrysanthemenformen. Wir schneiden das Gemüse in gleichmäßige Stücke, so daß sie am Boden zusammenhängen bleiben, und dann quer dazu in derselben Breite und Tiefe. Wenn man sie dann in eiskaltes Wasser legt, öffnen sie sich wie eine Blüte.
  • Mawachigiri – oder Mondsicheln. Wir schneiden das Gemüse der Länge nach in die Hälfte, dann drehen wir es und schneiden es der Breite nach in mondförmige Scheiben.
  • Mijingiri – oder Zwiebeln in Würfel schneiden. Wir schneiden die Zwiebel in die Hälfte. machen dann Einschnitte der Länge nach in die Zwiebelhälfte, bis etwa 1 cm vor dem Wurzelende, und dann schneiden wir sie der Breite nach in kleine Würfel.
  • Blätter in Streifen schneiden. Wir teilen die ganzen Blätter, legen sie aufeinander und schneiden sie in dünne Streifen.
  • Sasagaki – oder Späne schneiden. Wir schneiden, als ob wir einen Bleistift spitzen, am Ende der Rübe beginnend, dünne oder dicke Späne, und machen nach jedem Schnitt eine leichte Drehung.
  • Hanagata – oder Blütenformen. Wir schneiden 4 oder 5 kleine Keile der Länge nach in das Gemüse, und dann schneiden wir Scheiben.

DAS ALLUMFASSENDE GESETZ

Unser Rüstzeug für das Verständnis der Natur und für die Kunst der Speisenzubereitung ist das Gesetz der einander ergänzenden Gegensätze. Yin und Yang sind die Pole von Ausdehnung und Zusammenziehen, weiblich und männlich. Winter und Sommer, Passivität und Aktivität. Wir teilen Nahrungsmittel ein entsprechend der unten angeführten Eigenschaften.

Yin Yang

  • Biologisch Gemüse Tier
  • Landwirtschaft Salat Getreide
  • Wuchsrichtung nach oben nach unten
  • Reifezeit Sommer Herbst/Winter
  • Anbaugebiet troüisches Klima gemäßigtesKlima
  • Farbe purpur ,grün rot
  • Wassergehalt hoch niedrig
  • Gewicht leicht schwer
  • Geschmack süß, sauer, würzig salzig, bitter
  • Element Kalium Natrium
  • Vitamin C A,D,K

Jede natürliche Nahrung enthält ein einzigartiges Gleichgewicht von Yin und Yang. Es sind immer beide Elemente vorhanden. Das Verhältnis von Yin zu Yang in braunem Reis (5:1) kommt dem idealen Gleichgewicht des Menschen nahe, und jemand, der diesen vollkommenen gesunden Zustand erreicht hat, kann sich theoretisch gänzlich aus diesem einen Getreide ernähren, wenn es richtig gekocht wird. Er müßte nichts anderes hinzufügen. Alle anderen Lebensmittel sind entweder mehr yin oder mehr yang im Verhältnis zum idealen Gleichgewicht des Menschen.

Wenn wir das Prinzip bei der Zubereitung und Zusammenstellung der Nahrung anwenden, erweitern wir den Horizont des Menschen durch „yangisieren“ von Lebensmitteln, die im rohen Zustand yin sind, und ungünstig für das natürliche Gleichgewicht, und „yinisieren“ von Lebensmitteln, die im rohen Zustand zu yang sind. Durch Kochen verwandeln wir die Natur sanft, um sie unseren Bedürfnissen anzupassen; wir vergrößern unsere Freiheit, und bleiben doch innerhalb der Grenzen der biologischen und ökologischen Gesetze.

Die Yin- und Yang-Eigenschaften von Nahrungsmitteln sind niemals an sich gut oder schlecht. Es ist das Gleichgewicht, worauf es ankommt. Das Gleichgewicht ist abhängig von der Quantität und der Qualität unserer Zutaten und am meisten von unserem Geschick bei der Zubereitung. Wir müssen unsere Nahrungsmittel kennenlernen und die Zubereitungsarten entdecken, die unseren persönlichen Bedürfnissen am besten entsprechen.

Die vier Grundtechniken des makrobiotischen Kochens – der Gebrauch von Salz, Feuer, Druck und Zeit – neutralisieren den Säuregehalt oder ziehen überschüssige Flüssigkeit aus der rohen Nahrung. Mit anderen Worten: Kochen macht unsere Kost mehr yang. Wir wenden unsere Kenntnis der Yin- und Yang-Qualitäten einer Zutat an, wenn wir darüber entscheiden, wie wir sie zubereiten und würzen und bei der Wahl der Zusammenstellung mit anderen Nahrungsmitteln. Yang-Gemüse (Wurzeln, zum Beispiel) brauchen weniger Salz und weniger Hitze, als Yin-Gemüse.

Durch zu langes Kochen wird unser Essen zu yang; wenn wir nicht lange genug kochen, bleibt es zu yin. Das Würzen mit Salz, Miso oder Shoyu „yangisiert“ unser Essen, während es „yinisiert“ wird, wenn wir Salz weglassen und die Wassermenge erhöhen. Yang-Gemüse vertragen sich allgemein am besten mit Yin-Gemüsen; sie ergänzen einander. Wenn wir diese einfachen Grundsätze in unserer Küche anwenden, verändern wir die Qualität der rohen Nahrung und machen Yin-Zusätze mehr yang und Yang-Zutaten mehr yin.

Wir essen ausgeglichene Mahlzeiten, um in einer gesunden Harmonie mit unserer Umgebung zu bleiben und unser tägliches Leben mit Freude erftillen zu können. Winter und trübes Wetter sind yin; wir bleiben damit im Gleichgewicht, wenn wir selbst verhältnismäßig yang werden, indem wir die entsprechenden Zutaten fair unsere Kost wählen und sie gut kochen und würzen. 50 bis 70 Prozent unserer täglichen Kost kann Getreide sein.

Eine sommerliche, heiße und trockene Umgebung ist yang, wir müssen unser Gleichgewicht nach Yin ausrichten und feuchte, leicht gekochte und sparsam gesalzene Gerichte essen. In diesem Fall verwenden wir 20 – 30 Prozent Getreide flir unser tägliches Menü, mit leichten Blattgemüsen und Früchten. Wir beobachten den Wandel der Jahreszeiten und die täglichen Veränderungen des Wetters, sowie auch des körperlichen Zustands, um die Zutaten und die Zubereitungsart richtig auszuwählen.

LEBENDIGE ÖKOLOGIE

Wörtlich aus dem Griechischen übersetzt heißt „Makrobiotik“ das große Leben. Makro bezieht sich auf das makrokosmische Universum, den unendlichen Schoß, aus dem der Bios oder die biologische Evolution entsteht. Makro-bios beinhaltet das Gesetz, das das gesamte Universum zu einer Ganzheit zusammenfügt. Nach diesem Gesetz leben (ausgedrückt durch Yin und Yang), ist der Weg, um Gesundheit, Freude und Erfüllung zu erlangen. Praktische Makrobiotik ist der Versuch, diese schwer faßbare Ordnung der Natur zu begreifen, und es jedem Menschen zu ermöglichen, sie im täglichen Leben anzuwenden.

Dadurch bemühen wir uns, eine Zivilisation von freien und glücklichen Menschen zu schaffen, die in Harmonie mit ihrer Umgebung leben. Wir glauben, daß der Mensch, zusätzlich zu den Pflanzen, die direkt vom Verdauungssystem aufgenommen werden, vom Licht der Sonne, von Luft, Wasser und der Erde ernährt wird. Wir betonen die Wichtigkeit der Nahrung, die in unserer Umgebung und unserem Klima wächst, d.h. in einem Radius von etwa 1000 km. Es folgen sieben einfache Richtlinien, die die makrobiotische Auffassung zusammenfassen. Sie basieren alle auf dem östlichen Umweltverständnis, das ausgedrückt ist in dem überlieferten Satz: Der Mensch und die Erde sind Nicht-Zwei.

1. Hauptnahrungsmittel

Getreide ist unsere Grundnahrung. Rundkörniger brauner Reis ist
optimal ausgewogen, besonders für Menschen in gemäßigten
Klimazonen und auf Meereshöhe. In Gebirgsgegenden essen wir mehr Weizen oder Buchweizen. Wir haben eine reichhaltige Auswahl von Grundnahrungsmitteln zur Verfiigung (Reis, Buchweizen, Weizen, Hirse, Gerste, Roggen, Hafer und Mais), wir wählen, was in der Gegend wächst, und was in unserem Land der Tradition nach gegessen wurde. Am besten sollte das Getreide biologisch angebaut und frei von chemischem Dünger und giftigen Spritzmitteln sein.

Welches Korn wir auch wählen, es sollte ganz verwendet werden. Die reich vorkommenden Vitamine und Mineralien in seinen äußeren Schalen spielen eine wichtige Rolle bei der Verdauung der Kohlehydrate, aus denen seine Masse besteht. Gemahlen oder anders bearbeitet ergibt Getreide eine unvollkommene Nahrung, die ihres vollen Wertes beraubt ist, den feinen Anpassungsmechanismus des Körpers belastet und ökologisch unwirtschaftlich ist. Außer den Vitaminen und Mineralien verlieren wir die nicht analysierbare Essenz der Ganzheit. Pflanzt man ein ganzes Korn in die Erde, wird ein Halm wachsen, der viele weitere hervorbringt. Vergräbt man ein gemahlenes Korn, kann man es pflegen, wie man will, es wird niemals keimen, es hat sein Leben verloren.

2. Zusätzliche Nahrungsmittel

Unsere zweite Grundnahrung besteht aus frischen, örtlich angebauten Gemüsen und Früchten. Sie ist zweitrangig in Bezug darauf daß ihre Bemessung sich nach der Menge des Getreides, der Hauptnahrung richtet. Wir verwenden alle Teile des Gemüses, und achten, wenn möglich, darauf daß es natürlich gedüngt und gepflegt wurde. Wir wählen unter angebautem und wildwachsendem Gemüse, das in unserer Gegend heimisch ist. Meeresgemüse sind reich an Jod und anderen wichtigen Mineralien und können in die Kost miteingeschlossen werden, sogar dann, wenn man weit vom Meer entfernt wohnt. Jeder von uns hat in Form des Blutes und der Körperflüssigkeit ein Meer in sich. Es mag eine kleine Weile dauern, aber wenn man sich einmal an den einzigartigen Geschmack der verschiedenen Algen gewöhnt hat, erscheinen sie einem immer köstlicher. Wir können lernen, sie jeden Tag zu verwenden.

Unser täglicher Speisezettel dreht sich hauptsächlich um Getreide und Gemüse. Aber wir wünschen in unserer Mahlzeit vielleicht eine Suppe oder einen Salat, etwas vom Tier oder Früchte miteinzubeziehen. Suppen sind eine gute Art, Flüssigkeit zu sich zu nehmen, und besonders Miso-Suppe ist eine hervorragende Quelle von Eiweiß und Energie. Auch Bohnen sind voll wertvollem Eiweiß und ergänzen das aus dem Getreide. Frische Salate sind köstlich erfrischend im Sommer und können zu jeder Jahreszeit eine Beilage von Fisch oder Geflügel ausgleichen.

Man bedenke, daß alle Nahrungsmittel erlaubt sind, außer der Körper verbietet sie. Wir müssen lernen, seine Zeichen zu erkennen. Wenn wir tierische Nahrung zubereiten möchten, denken wir daran, daß ihr Verhältnis zur übrigen Mahlzeit zweitrangig sein sollte. Am wichtigsten dabei ist, daß wir sie richtig zubereiten und mit den dazupassenden Speisen zu Tisch bringen. Weil Fisch und andere Meerestiere im Vergleich zu am Land lebenden Tieren yin sind, sind sie leichter auszugleichen, und deshalb ziehen wir sie dem Fleisch vor. Wenn solche tierische Nahrung einen kleinen Teil einer Mahlzeit ausmacht, die hauptsächlich aus Getreide und Gemüse besteht, dann ist das kräftigend.

Wenn wir Eier verwenden, versuchen wir darauf zu achten, daß sie von Hühnern kommen, die mit natürlichem Futter aufwachsen. Geflügel kann wohl gelegentlich genossen werden, aber da es sehr yang ist, muß man es sorgsam ausgleichen. Fleisch und Eier sollten so sehr wie nur möglich ohne chemische Verunreinigungen sein. Und auch Milchprodukte, besonders Ziegenkäse und Ziegenmilch – beide Yang, während Milchprodukte im allgemeinen Yin sind – können ihren Platz in einer makrobiotischen Mahlzeit haben, wenn sie entsprechend eingepaßt werden.

Frische einheimische Früchte essen wir zu ihrer Erntezeit. Äpfel und Erdbeeren sind ideal, auch andere Beeren und Melonen können an einem heißen Sommertag wunderbar erfrischend sein.

Gewürze

Makrobiotische Gewürze bestehen vorwiegend aus natürlichem Meersalz, Miso (Sojabohnenpaste), Shoyu (natürliche Sojasoße) und unraffinierten pflanzlichen Ölen. Ein ideales ausgewogenes Verhältnis in unseren Mahlzeiten ist fünf Teile Öl zu einem Teil Salz. Die Einnahme von zwei Eßlöffeln Öl pro Tag ist das empfohlene Maximum. Der Gebrauch von Gewürzen muß in Übereinstimmung sein mit dem Wetter, der geographischen Lage, unserer individuellen Arbeitsleistung und unseren Bedürfnissen – in nördlichen Gegenden würzen wir mit ein klein wenig mehr Salz und Öl als in warmen südlichen Klimazonen.

Wir brauchen mehr Salz und Öl, wenn wir schwere körperliche Arbeit leisten. Erwachsene, deren Körper zuviel Kalium und einen Mangel an Natrium haben, brauchen mehr Salz, während die, die zuviel Natrium und nicht genug Kalium haben, wenig, oder in extremen Fällen sogar gar kein Salz brauchen. Man unterschätze nie die Bedeutung von Salz in der Ernährung, besonders natürliches Meersalz, das viel stärker ist, als gewöhnliches Kochsalz. Ein Mangel kann zu Müdigkeit flihren, ein Überschuß zu einem starren nervösen Gefühl von Schlaflosigkeit.

Die Zubereitung von Gemüsen und Früchten

Natürlich gedüngte und ungespritzte Gemüse und Früchte brauchen nur unter fließendem kalten Wasser gereinigt werden. Wir bürsten sie dabei mit einer Naturborstenbürste (Tawasha Wir schälen sie nur dann, wenn sie gewachst worden sind, um damit ihr Leben auf Supermarktregalen zu verlängern. Wir verwenden alles, verschwenden nichts. Wir schneiden und kochen Gemüse mit einem Sinn für Harmonie.

Das Tao des Essens

Essen muß gut gekaut werden, jeder Mundvoll zwischen 50 bis hundertmal. Richtige Einspeichelung ist zur Verdauung von Getreiden unerläßlich, weil Kohlehydrate, der Hauptbestandteil, durch ein Enzym (Ptyalin) verdaut wird, das im Mund vorkommt. Zur besseren Verdauung geht man vor von yang und yin. Wir beginnen mit der Suppe, und/oder ein paar Bissen Getreide, dann nehmen wir abwechselnd Getreide und die Beilagen, die am meisten yang sind. Wenn wir das ausgekostet haben, gehen wir zum nächsten über und kehren immer zum Getreide als dem Schwerpunkt zurück Wir beenden die Mahlzeit mit dem Dessert und Getränk. Wir sollten niemals essen, bis wir ganz satt sind. Wenn wir vom Tisch aufstehen, sollte immer noch Platz für ein kleines bißchen mehr sein.

Auf dem Pfad der Natur

Die modernen Methoden des Anbaus, der Verarbeitung, Konservierung und Verteilung von Nahrungsmitteln haben unser Bewußtsein von der Bedeutung der Jahreszeiten und unserer Verbindung mit der Erde und dem Wasser geschwächt. Aus dem ursprünglichen Veredeln von Nahrung wurde ein Entfernen von lebenswichtigen Nährstoffen, bei abgepackter Nahrung werden Chemikalien zugefügt, um ihr Leben zu verlängern (nicht notwendigerweise das unsrige). Und Farbstoffe, um sie für das Auge gefälliger zu machen. Es ist möglich, auf einer Neujahrsparty Tomaten und Gurken zu servieren, obwohl diese in gemäßigten Zonen Sommerfrüchte sind. Sie wurden entweder von weit her geholt oder unter künstlichen Bedingungen gezogen. Ich wundere mich immer wieder, wie viele Menschen in Bergen und Wäldern „zurück zur Natur“ kehren wollen, und dann tiefgefrorenes Gemüse, Fleisch und Schokolade aus ihren Rucksäcken holen.

Um Gesundheit und Glück zu erhalten, vermeide man Industrienahrung, Auszugsmehle und raffinierten Zucker. Diese denaturierten Nahrungsmittel beanspruchen und erschöpfen die Reserven des Körpers in seinem Bestreben. ein basisches Gleichgewicht im Blut aufrechtzuerhalten und sie seinen wirklichen Bedürfnissen anzupassen. Man halte sich in der Regel fern von den Extremen von Yin und Yang: raffiniertem Zucker, künstlichen Chemikalien, Drogen auf der einen, und Fleisch auf der anderen Seite. Es stimmt, daß sie zusammengenommen ein Gleichgewicht bilden, aber dies ist kein ideales oder gesundes. Wenn man von Kaffee abhängig ist, befreie man sich davon, da er nur stimulierend wirkt, und keinen Nährwert hat, und man vermeide kommerziellen Tee, der künstliche Farbstoffe enthält, die krebserregend sein können.

Ob man auf dem Land oder in der Stadt wohnt, es ist erstaunlich wie schnell und ganz von selbst Körper und Geist mit den Zyklen der Natur wieder in Einklang kommen, einfach dadurch, daß man einheimische vollwertige Nahrung zu sich nimmt, die auf makrobiotische Weise ausgewählt und zubereitet wird.

7. Freude am Essen

Das Gesetz der Natur heißt Wandlung. Makrobiotisches Leben, Essen und Kochen muß im Fluß sein mit dem Lauf der Zeit. Unser Körper und eine jede seiner Zellen wandelt sich mit den Jahreszeiten, von Tag zu Tag, ja mit jedem Augenblick. Unsere Nahrungsbedürfnisse wandeln sich mit ihnen. Jede Mahlzeit ist den Bedürfnissen entsprechend anders zu gestalten. Man soll beim Kochen und Essen nicht unbeweglich sein. Laßt uns schöpferisch sein und das Leben genießen. Nützen wir die Freiheit, im Einklang mit der Natur zu uns selbst zu finden.

BUECHER UND REZEPTE:

Michel Abehsera: Das makrobiotische Kochbuch. Scherz Verlag, Bem 1990 (leider vergriffen)
Buchbesprechung und Rezeptempfehlung von Brigitta Bolen

Mein erstes Buch zur Makrobiotik. Das Buch, das mir Appetit gemacht hat. Ich verwendete es zunächst auch vorwiegend als das, was es auch ist: einfach ein gutes Kochbuch mit leckeren vegetarischen und gar nicht wenigen Fischrezepten.

Die Besonderheiten dieses Buches, im Vergleich zu den drei anderen näher beschriebenen, sind:

Es ist ein wirklich europäisches makrobiotisches Kochbuch: es werden ausschließlich europäische, d.h. in Europa im engeren Sinne in Frankreich ursprünglich beheimatete Zutaten und zum Teil auch Rezepte der regionalen französischen Küche verwendet, kaum Algen -und: der in Frankreich lebende gebürtige Nordafrikaner bricht – was sehr sympathisch ist – eine Lanze für das „unmakrobiobisch“ scheinende gelegentliche Glas Wein und ein Stückchen Käse: „Köstlich ist ein Stück Ziegenkäse oder Roquefort zusammen mit einem Glas alten Weins“.- Er verwendet Wein gelegentlich auch in Rezepten.

Es ist von einem Mann geschrieben und das ist deutlich spürbar. Es ist mehr „yang“: kürzer, knapper, sehr dicht – das Buch ist auch weniger dick – wenn auch nicht so extrem wie George Ohsawas Buch „Zen Makrobiotik“ im „Telegrammstil“ – auf das sich Abehsera als Grundlage seines Buches bezieht.

Die „Theorie-Kapitel“ am Anfang und zwischen den einzelnen Rezeptteilen (Getreide, untergeordnete Nahrungsmittel – Nituke bzw. Tempura was speziell zubereitetes Gemüse ist, Hors D6uvres und Beigaben, Suppen!, Saucen und Desserts) sind überwiegend eine Aneinanderreihung schlagwortartig vermittelter, sehr einprägsamer „Grund-Sätze“. Ich habe viele davon nie vergessen und nach wie vor im Ohr wie z.B. einen wichtigen Kommentar vom Autor selbst zu einem Problem, das in Zusammenhang mit Makrobiotik rasch und relativ oft eintritt

„Ich weiß, dies alles klingt diktatorisch und der Speiseplan hört sich an wie eine disziplinarische Vorschrift. Man lasse sich ja nicht dadurch zu Extremen verleiten! Vor allem lasse man jede Furcht von Anfang an beiseite. Nichts auf der Welt ist absolut ausgenommen die Gesetze der Relativität und des Wechsels. Ich bitte meine Leser daher herzlich alle Ängste zu vergessen und zunächst einmal sich selbst und die eigenen Bedürfnisse kennen zu lernen.“

Dieses Kennenlernen der eigenen Bedürfnisse und die Beurteilung der vielleicht gelegentlich diktatorisch erscheinenden Behauptungen, erfolgte bei mir aus meinem Körper heraus mit der Frage: ist die Befolgung derselben geeignet, Strömungsgefühle im Körper zu erleichtern oder nicht?

So ungefähr ging ich an die Sache heran und habe inzwischen unglaublich viel Freude damit.

Dazu auch noch ein Zitat aus dem nachfolgend beschriebenen Buch von Lima Ohsawa:
„Ein Gaumen, der die Bedürfnisse des Körpers erspürt, ist eines der größten Geschenke der Natur. Ein gesunder Gaumen ist für jeden erreichbar, aber er muß gehegt und gepflegt werden. Wenn wir mit der allmählichen Änderung unserer Eßgewohnheiten einen ersten Schritt machen, wird dieser kostbare Sinn wiedererwachen für die unendliche Feinheit der Natur und uns wie ein zuverlässiger Kompaß durch die Welt der Nahrung führen.“

Nach einer Weile der Benützung dieses Buches von Abehsera fiel vielleicht v.a. mir als Frau, – die für mich als deutlich männlich erlebbare „Herbheit“ als Mangel auf, der wohltuend behoben bzw. bei Bedarf ergänzt werden konnte durch die im folgenden beschriebenen, von Frauen geschriebenen Bücher.

REZEPT: CHOUFARCI

(Im ländlichen Frankreich gilt dies als Kohlrouladen.) Alltägliches Gericht in der Bretagne, wo Buchweizen zu Hauptnahrungsmitteln zählt

Zutaten:

  • 6-8 unversehrte Kohlblätter, 2 befruchtete Eier, 1 Tasse Buchweizengrütze, 2 Tassen Wasser, ‚/2 Teelöffel Salz, 2 Eßlöffel Öl.
  • Der ungekochte Buchweizen wird im Salzwasser umgerührt. Man schlägt die Eier, fettet einen schweren eisernen Topf mit Öl ein, legt ein Kohlblatt auf den Boden und darauf zuerst eine Schicht Buchweizen und dann eine Schicht Ei, dann ein weiteres Kohlblatt; in dieser Reihenfolge fährt man fort. Obenauf muß ein Kohlblatt liegen. Man deckt den Topf zu und backt bei mittlerer Hitze anderthalb Stunden. Wer sehr geschickt ist, kann den Topf stürzen -am besten auf eine Schüssel, die man als Deckel auf den Topf legt und dann umdreht, so daß der Choufarci auf der Schüssel steht. Wer das nicht kann oder will, schneidet ihn im Topf und serviert ihn wie Auflauf Er wird heiß mit Miso oder Tamari gegessen – ein Gericht, das „ in den Knochen bleibt“, wie es bei den Bauern heißt.

Das Lima Ohsawa Kochbuch. Heinrich Hugendubel Verlag, München 1986 (dzt. vergriffen)
Buchbesprechung und Rezeptempfehlung von Brigitta Boten

Ich lasse nur das „Klima“ dieses Buches, das ich besonders liebe, spürbar werden, und im übrigen die vorhin als Einführung in die Makrobiotik zitierte Einleitung dieses Buches für sich selbst sprechen. Ich habe gerade diese Einleitung gewählt, weil ich sie für so kostbar halte und das Buch derzeit nicht erhältlich ist. Ich kann’s nicht genau sagen, woran es liegt – aber dieses Buch ist für mich das zarteste und gleichzeitig „molligste“ – ich liebe es.

Die Rezepte sind asiatischer und zum Teil amerikanisch angehaucht. Hier, wie in allen „weiblichen“ Kochbüchern, sind ausführlich und liebevoll die vielen praktischen Details dieser Koch-Kunst beschrieben. An Zutaten kommen dazu: Algen, Bohnen und Sojaprodukte, Mais, Erbsen, Seitan, ein paar bei uns nicht so bekannte und „exotische“ Gemüsearten wie z.B. Melanzani, Süßkartoffeln, aber auch Tomaten und Kartoffeln (die bei Abehseraz.B. absolut „verboten“ wären, was natürlich auch mit den unterschiedlichen Lebens- und Klimabedingungen zu tun hat. Jedenfalls – alles ist relativ …) und Produkte aus Süßreis v.a. Reiskuchen (Mochi) und Süßreiscreme (Amasake), die ich sehr liebe, v.a. im Winter.

Sie verwendet auch gerne Zitrusschalen als Geschmackskomponente, Blütenblätter als Verzierung, und es gibt eine ganze Rubrik von Rezepten mit Wildgemüse und Salaten.

Abschließen möchte ich mit einem Zitat Abesheras zum Thema tierisches Eiweiß: „Unser Speiseplan verbietet nichts, nur der Körper lehnt ab, was er nicht braucht. Als Wegweiser müssen die eigenen Sinne dienen. Auch Fleisch ist bei festlichen Anlässen, bei Mahlzeiten mit Freunden usw. nicht geradezu verboten. Angeraten wird dann: Fasan, Eier (befruchtet), Truthahn, Ente, Rebhuhn, Taube, Huhn, Lamm, Schaf.“

REZEPT: KOKOH-SUPPE (für 5 Personen)

Zutaten:

  • 11/2 Teelöffel Meersalz, P/2 kleiner Blumenkohl, in die Röschen verteilt, 1 Eßl. Sesam- oder Sonnenblumenöl, 2 kleine Zwiebeln, in dicke Sicheln geschnitten (Mawashgiri), 2 Tassen gewürfelter Kürbis, 1 kleine gewürfelte Karotte, 5 Eßl. gehackter Seitan, 5 3/4 Tassen Wasser, 5 Eßl. Kokoh, Meersalz, 2 Eßl. gehackte Petersilie, 1 Teel. gehackte Orangenschale.
  • Zubereitung: In einem kleinen Topf bringen wir über großer Flamme Wasser zum Kochen und geben Ih Teel. Salz dazu. Den Blumenkohl hineingeben, wieder zum Kochen bringen und kochen, bis die Röschen weich sind, aber noch einen Biß haben. Zum Abtropfen in einem Sieb beiseite stellen.
  • Wir erhitzen einen schweren Topf und bestreichen ihn mit Öl. Darin sautieren wir die Zwiebeln bei mittlerer Hitze, bis sie schön braun sind, etwa 5 Minuten, und rühren sie behutsam um. Dann geben wir den Kürbis, die Karotte und den Seitan dazu. 5 Tassen Wasser hineingießen (so viel, daß alles bedeckt ist), mit dem restlichen Teelöffel Salz würzen und über großer Flamme zum Kochen bringen. Dann wird es zugedeckt auf mittlerer Hitze gekocht, bis das Gemüse weich ist, etwa 25 Minuten.
  • Wir verrühren das Kokoh in 3/4 Tasse Wasser. Wenn die Suppe fertig ist, rühren wir es hinein. 5 Minuten weiterkochen, dabei dauernd umrühren und mit Salz abschmecken. Die Blumenkohlröschen hineingeben und mit der gehackten Petersilie und der Orangenschale bestreuen.

Aihara Cornellia: Die Hohe Kunst des makrobiotischen Kochens Ryori-Do. Mit Rezepten speziell für die vierJahreszeiten und einem kompletten Menüplan für das ganze Jahr. Verlag Mahavija, Münster 1992/93.
Buchbesprechung und Rezeptempfehlung: Beatrix Teichmann-Wirth

Eigentlich ist das Buch ein Widerspruch. Zeichnet sich Ryori-Do, die Hohe Kunst des Kochens doch durch das Selbst-Erfahren von Prinzipien aus und nicht durch das über Bücher erworbene Wissen von Techniken

Und so findet sich im ersten Teil des Buches ein Kapitel über die Zen-Küche, über Haltungen und Einstellungen, über den Prozeß der Veränderung durch Makrobiotik und auch über die Anpassungsvorgänge, welche für uns „Westler“ an der „strengen“ Makrobiotik Oshawas vorzunehmen sind.

Nein, es ist kein Widerspruch, wenn sodann die verschiedenen Arten zu schneiden sehr genau beschrieben werden und auch darauf hingewiesen wird, daß die Rezepte zunächst einmal genau zu befolgen sind, um sie dann in einer mir gemäßen Art zu verändern, in dem Wissen, „daß jeder und alles verschieden ist“.

Dieser Respekt vor der Verschiedenheit drückt sich auch in der Vielfalt der Nahrungsmittel, die in den Rezepten zur Anwendung gelangen aus, worunter sich auch Geflügel und sehr viele Fischrezepte finden.

Sehr hilfreich ist die Einteilung des Rezeptteils in die 4 Jahreszeiten, welches jeweils durch die Beschreibung der Qualität der Jahreszeit und Besonderheiten des Kochens, auf die zu achten ist, eingeleitet wird. (Im Anhang findet sich auch eine Rezeptsammlung zu jedem Tag im Jahreslauf.)

Das Buch ist Balsam für meine „strenge Seite“. Klingt doch ein Satz Aiharas durch: „Seien Sie locker. Lassen Sie sich Zeit, sich zu verändern.“

REZEPT: GEMÜSE NABE 1

  • 225g Tofu, in 21/2 cm große Würfel schneiden, % Kopf Chinakohl, in 21/2 cm große, viereckige Stücke schneiden, 1/2 Bund Spinat, in 5 cm große Stücke schneiden, 1 Möhre in Blumenform (Hanagata) oder diagonale Scheiben (Hasugiri) schneiden, 1 Kletterwurzel, in lange, diagonale Scheiben schneiden (Hasugiri), 1 Stück Dashi-Kombu, 10 cm, 4 Tassen Wasser (ungefähr), 1 Bund Schalotten, in 4 cm große, diagonale Scheiben schneiden (Hasugari), Sojasauce und Meersalz nach Geschmack.
  • Kombu auf den Boden eines Topfes legen; Kletterwurzeln dazugeben, dann Chinakohl und Möhren in getrennten Sektionen auf beide Seiten des Topfes geben; Gemüse 1cm hoch mit Wasser bedecken; Sojasauce und Salz nach Geschmack zujiigen, ohne Deckel weichkochen; Spinat, Tofu und Schalotten zugeben und leicht kochen; 1 Eßl. frischen Zitronensaft mit 2-3 Eßl. Sojasauce kombinieren und in einzelnen Portionen als Dip zu Gemüse und Tofu servieren.

Die traditionelle japanische Art, Nabe zu servieren, ist, den Eintopf mitten auf den Tisch zu stellen; er wird in einzelnen Schalen serviert, und man kann nach Belieben zusätzliche Brühe zugeben.

Aveline Kushi mit Alex Jack: Aveline Kushi’s großes Buch der makrobiotischen Küche. Verlag Ost-West Bund, Völklingen 1987

Buchbesprechung und Rezeptempfehlung: Beatrix Teichmann-Wirth

Zeichnet sich das oben beschriebene Buch im übertragenen Sinn durch kräftige Farbtöne aus, so gestaltet sich Aveline Kushis Kochbuch leiser und zarter.

Die Beschreibung der japanischen Traditionen, dem eigenen Aufwachsen in einem kleinen japanischen Dorf von Reisbauem, vermittelt eine stille Atmosphäre der Sinnlichkeit, welche das Buch durchtönt.

Unweit von Hiroshima aufgewachsen, hat sich Aveline Kushi zeitlebens für den Frieden eingesetzt und die Nahrungsenergie als „einzigartiges Werkzeug für die Schaffung des Friedens“ erkannt. Und so charakterisiert auch eine friedliche Atmosphäre Aveline Kushis Küche, die weder durch Düfte und Geräusche, welche nicht durch die Nahrungszubereitung entstehen, gestört ist.

Auch wenn sich im Buch die auch anderorts erscheinenden Kapitel über Kochgeschirr, jahreszeitenabhängigem Kochen, Erörterung des Kochens für Säuglinge, Kleinkinder, ältere Menschen und Kochen nach medizinischem Bedarf wiederfinden, so dreht sich das Buch im wesentlichen um den Reis, denn wie Kushi meint: „Hat man erst die verschiedenen Elemente des Reiskochens gemeistert: Salz, Feuer, Wasser, Druck und ein ruhiges Gemüt, findet die Familie dauerhafte Gesundheit und Freude.“

Ein Buch, das im Gegensatz zu den von Aveline Kushis Mann verfaßten Bücher, welche den „westlichen“ Bedürfnissen nach Analyse und Ordnung gerecht werden (Nährwerttabellen, Listen von geeigneten und zu meidenden Nahrungsmitteln usw.), sicher jene Menschen gewinnt, welche sich von der östlichen Kultur der Stille anziehen lassen.

GRUNDREZEPT FÜR NATURREIS:

  • 2 Tassen Naturreis aus biologischem Anbau, 1 1/4 bis 11/2 Tassen Quellwasser pro Tasse Reis, eine Prise Meersalz pro Tasse Reis.
  • Den Reis waschen (Rund- oder Mediumkorn) und vorsichtig in einen Dampfdrucktopf geben. Dabei die Oberfläche glattstreichen. Langsam Quellwasser am Topfrand zugeben, so daß die Oberfläche ruhig und gleichmäßig bleibt. Erlaubt es die Zeit, den Reis zwei bis drei Stunden wässern. Dann den Dampfdrucktopf offen oder leicht bedeckt auf die Flamme stellen und über niedriger Hitze zum Kochen bringen. Wenn das Wasser sprudelt (nach etwa 10 bis 15 Minuten), Salz hinzufügen. Dann den Deckel fest schließen und den Druck langsam hochkommen lassen. Dies wird gewöhnlich durch das Zischen und Herausdrücken des Meßstabs angezeigt. Ist der Druck hochgekommen, legt man einen metallenen Flammenverteiler unter den Topf und dreht die Flamme kleiner. 50 Minuten kochen lassen.
  • Wenn der Reis gar ist, nimmt man den Topf vom Feuer und läßt ihn wenigstens für 5 Minuten stehen, bevor man den Druck reduziert und den Deckel öffnet. Läßt man dem Druck 10 bis 15 Minuten Zeit, von selbst herunterzugehen, erhöht das die Reisqualität Das Warten erlaubt es angeklebtem oder angebranntem Korn, sich vom Boden zu lösen.
  • Den Reis mit einer Bambus-Reisspachtel aus dem Topf heben und einen Löffel nach dem anderen in eine große hölzerne Schüssel geben. Dabei wird der schwerere, gut gekochte Reis auf den Boden der Schüssel, und der leichtere, lockerere Reis obenauf gekippt. Das ergibt eine ausbalancierte Reisschüssel.

Auf diese Weise zubereitet, hat Reis einen delikaten, nussigen und natürlich süßlichen Geschmack und verleiht ein starkes, friedvolles Gefühl.

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