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Bukumatula 2/2019

Ein Selbst-Modell für Beziehungen

von Will Davies
Übersetzung aus dem Englischen: Margit Exel und Wolfram Ratz
Margit Exel und Wolfram Ratz:

„Das Bewusstsein, was auch immer das sein mag, ist eine Konstante in jedermanns Empfinden – und auf eine andere Art als wir vermuten, auch der Schöpfer einer Realität, in der wir leben, für die wir leben und auch oft genug darin sterben. Nichts ist von größerer Bedeutung für uns.“ (Robinson, 2010 S.1)

Einleitung:

Körperpsychotherapie spielt aufgrund unserer einzigartigen Sicht auf das Selbst eine besondere Rolle bei Beziehungsmustern. Wie das unlängst erschienene Curriculum der Deutschen Gesellschaft für Körperpsychotherapie hervorstreicht, „begründet Körperselbsterfahrung den Kern des Selbstverständnisses der persönlichen Identität“. (S.1) Es wird angenommen, dass Beziehung auf diesem Körperselbst beruht und alle Beziehungen eine Interaktion von zwei oder mehreren in Körpern verankerten Identitäten sind.

Neuere Forschungen deuten – mehr als zuvor angenommen – auf eine ganz frühe und grundlegende subjektive Wahrnehmungsfähigkeit hin, mit präkortikalen, unbewussten, körperbasierenden Erlebnissen am Ursprung der meisten unserer „emotionalen Erlebnisse, von Selbstbild, Entscheidungen und Beziehungen“. (Cozolino, 2006, S.130) Als Ergebnis wird die klassische Ansicht der prägenden Funktion, bzw. der Rolle von Anderen in der Entwicklung des Säuglings oder Kleinkindes jetzt als überbewertet angesehen.

„Wir haben die Bedeutung der Eltern überschätzt – herzlich wenig in der Entwicklung des Kindes ist direkt den Eigenschaften der Eltern zuzuschreiben.“ (Fonagy, 2002, S.5) Es erscheint nun notwendig, die Entwicklungs- und Psychotherapietheorien mit einem größeren Fokus auf die Rolle der Subjektivität des Kleinkindes als die organisierende Kraft seiner eigenen Entwicklung neu zu formulieren. Entwicklung passiert mit anderen nicht durch andere. Die Wichtigkeit von anderen wird nicht bestritten, lediglich neu formuliert.

Ein anderes Thema, das neu bewertet werden muss, ist die Überbeanspruchung der negativen entwicklungsgeschichtlichen (und psychotherapeutischen) Terminologie, die die Defizite des Kleinkindes hervorhebt: Tabula rasa, (leichter) Autismus, narzisstische, vor-reflektierte und bruchstückhafte halluzinatorische Verwirrtheit und die zugehörige Neubildung oder das Proto-Selbst, was Maslow (1968) als „Mangelpsychologie“ bezeichnet.

Um die Entwicklung von Beziehungsmustern zu verstehen, ist es wesentlich, die Natur des gesunden Selbst zu beschreiben und nicht nur seine Mängel. Diese Abhandlung steht für ein Umdenken – weg von der Überbewertung von Mangel und Dysfunktion hin zu einem ressourcen-basierten Psychotherapiemodell, das die Fähigkeit des Kleinkindes zur Selbstorganisation und zur Erschaffung von Objekten und Beziehungen hervorstreicht.

Das Endo-Selbst (Das Innere-Selbst)

Demzufolge habe ich den Ausdruck des „Endo-Selbst“ kreiert, um eine frühe, selbst organisierte, verkörperte, zusammenhängende Wahrnehmung des Selbst zu beschreiben, deren einzigartige Qualität es ist, dass sie „a priori“ existiert, um Kontakt mit anderen aufzunehmen; ein eigenständiges Selbst, verwurzelt in Beziehung. Es gibt viel an Unterstützung für ein Endo-Selbst durch verschiedenste Lehrmeinungen: Maslows „Bestehende Beschaffenheiten“, Guntrips „Innerer Kern des Selbstseins“, Winnicotts „Incommunicado core“, Loewalds „Erste Erlebnisse werden am besten beschrieben als `Sein´“.

Sie alle schlagen einen tieferen Sinn für Bewusstsein, Sein und Selbst vor. Jantsch (1979) kommt direkt auf den Punkt, wenn er meint, dass mit der Existenz Bewusstsein entsteht (S.10, S.40). Und Maturana und Varela definieren Erkenntnisvermögen als ein biologisches Phänomen, als die wahre Natur lebender Systeme. „Wenn du lebst, hast du Bewusstsein.“ (1972) Tatsächlich betont die Cambridge Conference on Consciousness (2012), dass „Systeme, die mit Affekten in Zusammenhang stehen in subkortikalen Regionen konzentriert sind“.

Im Fötus gibt es Subjektivität schon vor der Entwicklung von kortikaler Aktivität – also vor Wahrnehmung und Sprache. Aufgrund dessen wird „die tatsächliche Darstellung des Selbst nicht mehr als von direkter sozialer Interaktion abhängig betrachtet“. (Pagis, 2009, S. 277) Dies berücksichtigend kann das folgendermaßen beschrieben werden: „Wenn wir in der Lage sind das zu sehen, ist das nicht alles; wir müssen mehr sein als das.“ (Shapiro, Carlson, Astin und Freemann, 2006, S.6) Aufbauend auf diesem multidisziplinären Unterbau ist es möglich, die Charakteristika des Endo-Selbst zu beschreiben.

Charakteristika des Endo-Selbst

Wie erwähnt, ist das Endo-Selbst ein vereinheitlichter Zustand von Körper und Bewußtsein – differenziert, aber untrennbar. Das Konzept einer „dualen Einheit“ kann anhand unseres Verständnisses von Eis, Dampf und Wasser dargestellt werden. Offensichtlich unterschiedlich, wissen wir, dass diese drei Formen auf molekularer Ebene vom Gleichen ausgehen: H2O.

Je nach energetischem Zustand gibt es unterschiedliche Erscheinungsformen, aber allen drei gemeinsam ist die unveränderliche, einheitliche Quelle der molekularen Anordnung. Der Psychoanalytiker Loewald beschreibt diesen undifferenzierten Zustand als „Primärdichte“. (in Mitchell, 2000, S.39) Neuerdings verweisen Begriffe, die in der Sozial- und Erkenntnispsychologie verwendet werden, auf „verkörperte Erkenntnis“ (Schubert & Koole, 2009) und „körperliches Selbstbewusstsein“ (Pagis, 2009, S.268); in der Psychiatrie wird es „Wiederverkörperlichung von Erkenntnis“ genannt. (Fuchs, 2009, S.570)

Dieser einheitliche Zustand des Endo-Selbst ist die Quelle von allen Trieben, Sehnsüchten, Träumen, Motivationen und Handlungen. Es ist der Ursprung aller Interaktionen mit der Außenwelt und ebenso der Interaktionen mit dem eigenen Selbst. Alle Impulse, innere wie äußere, haben ihren Ursprung in diesem einheitlichen Zustand von Körper und Bewußtsein, der in der Beziehung mit Anderen und dem Selbst entstanden ist.

Das wichtigste Charakteristikum des Endo-Selbst ist die Beziehung zu sich selbst. Loevinger und Blasi (1991) beschreiben das Selbst als „etwas in erster Linie nur für sich selbst Zugängliches“ (S.150), oder wie Jantsch (1979) meint: Alle Systeme sind zuallererst auf sich selbst bezogen und beruhen auf den Grundfunktionen des Lebens von Anziehung und Abstoßung. Es ist ein Naturgesetz, dass sich das Individuum in der Interaktion mit seiner Umwelt stets neu bewertet. Die Gehirnforschung zeigt, dass das Meiste an Erfahrungen aus Vergangenheit und Gegenwart unbewusst (präkortikal) bleibt und dennoch unser Leben bestimmt.

Die Geschwindigkeit, mit der die Amygdala Informationen verarbeitet, erzeugt eine physiologische Reaktion, bevor sie unser Bewusstsein wahrnehmen kann. (Cozolino, 2006 S.130) Klein (in Buckley, 1986) weist bezüglich Selbst-Bezogenheit darauf hin, dass die Welt des Säuglings nahezu „hermetisch“ abgeschlossen sei (S.17) und merkt an, dass Außenbeziehungen von sekundärer Bedeutung seien. Die Frage lautet: Sekundär in Bezug worauf? Es ist sekundär für die Selbst-Beziehung, die allerwichtigste Beziehung, die uns in Kontakt mit anderen gebracht hat.

Die Biologen Maturana und Varela (1972) definieren lebende Systeme „als eigenständige Einheiten, die nur zu sich selbst in Bezug stehen“. Radikaler noch: Im Hinblick auf das System selbst, ist es „gänzlich selbstbezogen und hat kein `Außen´“. (S.5)

Diese beständige, pulsierende Evaluation zwischen dem Selbst und der Umwelt führt uns zum nächsten wesentlichen Charakteristikum des Endo-Selbst: Es wird alles tun, um zu überleben. Selbsterhaltung ist nicht nur eine Dynamik lebender Systeme, sondern ein Naturgesetz. Es wurde in den leblosen Bereich durch Arbeiten des Physikers Eigen ausgedehnt (in Jantsch, 1979, Prigogine, 1977 und Voeikov, 1999).

Wie es die Energiekonzepte Wilhelm Reichs einfordern und die Physik nun demonstriert, ist das Leben selbst – den 2. Hauptsatz der Thermodynamik missachtend – negativ entropisch. Es verdichtet sich spontan und wächst; es zieht Energie von seiner Umgebung an und verstärkt sie. „Feuer stirbt ab, aber ein lebendes System verbrennt selten zur Gänze das aus der Umgebung entnommene Material. Es baut eher seinen Energievorrat auf, um seine Existenz zu verlängern.“ (Voeikov, 1999, S.19)

Das ist ein ideales `Beobachtungslernen´ einer Mutter-Kind-Beziehung. Etwas wird angeboten, das Kind nimmt es an und macht mehr daraus, als es bekommen hat. Wie Maturana betont, ist es nicht wichtig, was gegeben wird, sondern was mit dem Empfänger geschieht. Dies ist nicht nur eine perfekte Darstellung der Mutter-Kind-Beziehung und der Selbstbezogenheit, sondern auch von den autopoietischen, selbstorganisierenden Eigenschaften des Endo-Selbst. Es bezieht seine Erfahrung mit dem Gegenüber aus sich selbst heraus, was Stern (1998) „das Selbstempfinden, als ein primäres, entwicklungsgemäßes, ordnendes Prinzip“ beschreibt (S.26) und das in der dem Kinde innenliegenden subjektiven Erfahrung seinen Anfang hat.

Die autopoietischen, selbst ordnenden und selbstbezüglichen Qualitäten bleiben das ganze Leben lang bestehen und sind eine „unaufhaltsame Entwicklung“. (Buckely, 1986) Kohut nannte es den „narzisstischen Strom“, darauf hinweisend, dass es „die Basis für alle späteren Beziehungen, von Kreativität, Selbstachtung, Weisheit und Liebe ist“. (2001) In jüngerer Zeit hat Schore diese Endo-Selbst-Qualitäten als „eingebettet“ in allem scheinbar negativen Verhalten eines Patienten – und gleichzeitig nach Erwiderung suchend, beschrieben. Trotz gegensätzlichen Benehmens durch Projektion, Widerstand, Übertragung, etc., „bittet darunter das Selbst noch immer um Hilfe, um sich entwickeln zu können“.

Zurück zu Maslows Aussagen (1969): Innerhalb des Endo-Selbst gibt es immer eine Empfindung von Sicherheit und Wohlbefinden. Das Endo-Selbst existiert von vornherein und ist unberührt von Unruhe, Trauma, Mangel und Konflikten; es ist das, was Olaf Trapp als das „unversehrte Selbst“ bezeichnet (persönliche Korrespondenz, Juni 2013). Es ist möglich, „hinter“ die Abwehrhaltungen und „vor“ die Dysfunktion zu kommen, dazu, „dass alle Tatsachen freundlich sind“. (Rogers, 1972)

Dieses Gefühl von Sicherheit ist in dem Phänomen verwurzelt, dass es sich immer vertraut anfühlt, sobald man in diesen Zustand zurückkehrt. Diese Qualität der Vertrautheit findet sich in drei verschiedenen Disziplinen beschrieben: In der Philosophie, in der Psychologie und in der Biologie. Merleau-Ponty (in Pagis, 2009) schreibt: „An der Wurzel unserer Erfahrungen finden wir ein Sein, welches sich selbst sofort erkennt.“ (S.267)

Erfahrungen sind nicht sublimiert; sie entstehen „mit Zufriedenheit“. (Pagis, 2009) Syngg (1941) beschreibt dasselbe abweichend: „Ein phänomenologisches System ist anthropomorph. Seine Werte beziehen sich auf unmittelbare Erfahrung und erfordern keine Übersetzung, um es bedeutsam zu machen.“ (S.421) Für Maturana (1998) ist „Wissen die Funktion des Wissenden …. verwurzelt im Lebewesen als ein Ganzes“. (S.34) Eine meiner Patientinnen drückte dieses eindeutige Wissen einmal als „äußerste Anwesenheit in Abwesenheit von mir selbst“ aus. Das übliche Selbstkonzept wurde als Ablenkung erlebt und sobald sie diese überwunden hatte, erkannte sie ihr Selbst.

Im Endo-Selbst gibt es kein Vergleichen und keine wertende Kognition – aber immer Analyse. „Das `Gipfelerlebnis´ ist nur gut und wünschenswert und wird niemals als böse oder unerwünscht erlebt.“ (Maslow, 1968, S.81) Dasselbe gilt für Ryan: „Bei wahrer Selbstbestimmung gibt es kein unveränderliches Konzept des Selbst, um zu schützen oder aufzuwerten.“ (2003, S.75) Eine Patientin sagte einmal: „Ich liebe mich weit über Gut und Böse hinaus.“ Es ist klar, dass sie sich innerhalb des Kontextes des sozialen Selbst sowohl als „gut“ als auch als „böse“ sieht. Sie gibt damit zu verstehen, wie tief – unbeeindruckt von Beurteilung, das Selbstempfinden im lebendigen Körper verankert ist.

Was Shapiro (2006) „Achtsamkeit“ nennt und ich als einen Endo-Selbst-Zustand bezeichne, ist „einfach eine Fortsetzung des natürlich vorkommenden Entwicklungsprozesses, demzufolge jemand eine gesteigerte Fähigkeit für Objektivität bezüglich der eigenen inneren Erfahrung erlangt“. (Shapiro et al., S.6) Es herrscht ein ebenso inniger wie distanzierter Zustand zwischen dem Selbst und seinen Zweifeln. Es gibt kein Problem wegen des Problems. Ein Patient formulierte es einmal so: „Ich leide nicht an meinen Leiden.“

Das Endo-Selbst kann verbal kontaktiert werden. Wichtig ist jedoch zu wissen, dass es sowohl prä-verbal, als auch non-verbal ist und dass es erlebt werden und dann formuliert werden kann. Laut Mitchell wenden die meisten Philosophen und Psychologen ein, dass es zwischen präverbalen und verbalen Entwicklungsphasen eine unüberbrückbare Kluft gibt (2000, S.5), und Stern behauptet, dass wir noch immer von der verbalen Schilderung abhängig sind. (Stern, 1998)

Doch die Forschung hat anderes aufgezeigt: Schore zufolge (2000) wird die für Logik zuständige linke Gehirnhälfte bis zum Alter von etwa 18 Monaten nicht eingeschaltet und ist bis zum fünften Lebensjahr nicht von Bedeutung. Schore begründet das damit, dass im Erwachsenenstadium die Steuerung der emotional-unbewussten rechten Gehirnhälfte signifikantere Spuren hinterlässt, als bewusste logische Entscheidungen.

Eine Studie von deCasper und Fifer (in Mitchell, 2000) zeigt, dass Babys lieber Tonaufnahmen von Geschichten hörten, die ihnen ihre Mutter bereits im Uterus vorgelesen hatte, als aufgezeichnete Geschichten des gleichen Autors, die ihnen erst nach der Geburt vorgelesen wurden und „dass Babys in der Lage sind Intonation, Frequenz, Variation und phonetische Bestandteile der Sprache zu unterscheiden“. (Beebe, et al., in Mitchell, 2000, S.8)

Hinzuzufügen und augenscheinlich ist, dass sich das Ungeborene am Klang der Stimme seiner Mutter orientiert (Cozolino, 2002, S.88) und dass kognitive Änderungen im Uterus stattfinden; der Fötus ist im Stande zu lernen. (Hepner, 2002) Mitchell fordert uns dann auf, diese erstaunliche Erkenntnis zu betrachten. Worte sind in den Erfahrungen der Babys eine herausragende Besonderheit, nicht nach der Geburt, sondern im Uterus. (2000, S.8) Diese Untersuchung unterstützt zwei Punkte: Erstens die Wichtigkeit von frühen, präverbalen Erlebnissen und zweitens, dass jemand diese „Worte“ auch erkennt.

Das letzte Thema zum Endo-Selbst, das erörtert werden muss, ist die „Zeit“. Psychotherapeuten richten ihre Aufmerksamkeit auf die Geschichte des Patienten. Sie behandeln die Vergangenheit und die Gegenwart bezogen auf Übertragung, Gegenübertragung, Projektion, Regression, etc. Auch das Gespür des Patienten für seine Zukunft ist ein guter diagnostischer Indikator seines gegenwärtigen Zustandes sowie des Forstschritts und der Prognose der Therapie. Ungeachtet dessen ist es eine einzigartige Qualität des Endo-Selbst, dass „Zeit“ nicht von Relevanz ist.

Loewald beschreibt den primären Prozess als „unabhängig von Zeit“ (zitiert in Mitchell, 2000). Für Maslows „Daseinszustand“ ist es, „als hätten sie einen Platz in einer anderen Welt, in der die Zeit stillsteht und gleichzeitig rasend schnell vergeht“. (1968, S.80) In der Osteopathie wird das „Still Point“ genannt, und in der Funktionalen Analyse erleben sich Patienten während des `Instrokes´ in einem langsam dahintreibenden Dämmerzustand.

Die Gehirnforschung zeigt uns nun, dass traumatische Ereignisse in den primitiveren Regionen des Stammhirns und des limbischen Systems unter geringer Mitwirkung der Hirnrinde in der linken Hirnhälfte gespeichert sind, was die Abwesenheit des Kurzzeitgedächtnisses zur Folge hat. Cozolino (2002) schließt daraus, dass „Rückblenden immer in der Gegenwart stattfinden und Erlebnisse des gesamten Systems sind“ (S.272-273), was auch für positive, lebensunterstützende Erfahrungen gilt (Schore, 1999) und den Standpunkt der Cambridge-Deklaration reflektiert: „Die neuronale Grundlage von Emotionen ist daher unzeitgemäß“. (2012)

In den 1940er Jahren schrieb Reich (1967): Es gibt keine Antithese zwischen Vergangenem und Gegenwärtigem. Die ganze experimentelle Welt der Vergangenheit ist in der dargebotenen Form der Charakterhaltung lebendig. Was eine Person ausmacht, ist die funktionale Gesamtheit aller ihrer bisherigen Erfahrungen. (S.121)

Regression ist lediglich ein psychologischer Begriff, der die aktuelle, heutige Wirksamkeit bestimmter historischer Ereignisse beschreibt. Wir haben es hier mit aktuellen, gegenwärtigen Funktionen des Organismus zu tun und nicht mit historischen Ereignissen. (S.492)

Zusammenfassung:

Es ist unerlässlich, dass die Rolle der „Anderen“ in der Entwicklungstheorie und in der Therapie neu durchdacht werden muss. Ich habe für ein frühes Stadium der Subjektivität argumentiert und dass es ein schlüssiges, manchmal erkennendes Selbstempfinden noch vor der Beziehung zu anderen gibt. Autopoietisch entstanden ist es dieses Selbst, das in Beziehungen eingebracht wird und wiederum zu einer kontinuierlichen Entwicklung innerhalb der Beziehung führt.

Das Endo-Selbst ist die Quelle aller Antriebe und Sehnsüchte, sowohl äußerlich als auch innerlich. Es ist ebenso der Ursprung aller späteren unteilbaren, aber differenzierten psychischen und physischen Strukturen, die allen Beziehungen im späteren Leben zugrunde liegen. Das Endo-Selbst ist selbst-startend, selbst-ordnend und selbst-regulierend. Die Ressource, die Kompetenzorientierung dieses Denkansatzes begehrt „zu sehen, wie der Verstand sich selbst beschreibt“. (Robinson, 2011, S.16)
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Quellenangaben:

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Cambridge Declaration on Consciousness was written by Philip Low and edited by Jaak Panksepp, Diana Reiss, David Edelman, Bruno Van Swinderen, Philip Low and Christof Koch. The Declaration It was publicly proclaimed in Cambridge, UK, on July 7, 2012, at the Francis Crick Memorial Conference on Consciousness in Human and non-Human Animals, at Churchill College, University of Cambridge, by Low, Edelman and Koch. The Declaration was signed by the conference participants, in the presence of Stephen Hawking.
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Originalpublikation: The Body in Relationship – Self, Other, Society. Edited by Courtenay Young; Body Psychotherapy Publications, Scotland.

Ein erweiterter Beitrag zu diesem Thema ist auf der Homepage von Will Davis nachzulesen: http://www.functionalanalysis.org

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